Filmstill aus "Szenen meiner Ehe" © ÖFilm

„Szenen meiner Ehe“: von Höhen und Tiefen einer Beziehung

Der Dokumentarfilm „Szenen meiner Ehe“ sollte im November 2020 im Kino starten, was wegen den pandemiebedingten Kinoschließungen nicht möglich war. Real Fiction startet den Film von Katrin Schlösser daher am 8. April 2021 als Video on Demand.

„Szenen meiner Ehe“ ist der Debütfilm von Katrin Schlösser, die sich einen Namen als Produzentin und Professorin für kreative Film- und Fernsehproduktion an der Kunsthochschule für Medien in Köln gemacht hat. Er nimmt seinen Anfang als Experiment für ihre Studierende. Nach drei Jahren Dreh und einem Jahr Schnitt ist der Dokumentarfilm auf einigen Festivals wie der Duisburger Filmwoche 2019 und dem „Stranger than fiction“ Dokumentarfilmfest 2020 gelaufen. Der VoD-Start ist am 8. April 2021.

Gedreht mit dem Smartphone

Gedreht hat Katrin Schlösser „Szenen meiner Ehe“ mit ihrem iPhone, manchmal übernimmt auch ihr Mann die Kamera. Entstanden ist der Film ohne zusätzliches Licht mit Festbrennweite von 28 mm. Dies ermöglichte das autarke Drehen ohne Team, ist auf der anderen Seite eine visuelle Beschränkung, die spürbar ist.

Fernbeziehung lernen

Filmstill aus "Szenen meiner Ehe" © ÖFilm
Lukas. Filmstill aus “Szenen meiner Ehe” © ÖFilm

Der Film dreht sich um ihre Beziehung zu Lukas. Sie hatten einmal eine Affäre, sich dann aber aus den Augen verloren. Durch Zufall treffen sie sich nach zehn Jahren wieder und er fragt sie gleich, ob sie ihn heiraten will. Beide haben Beziehungen und Kinder, aber beschließen dennoch den Neuanfang zu wagen und zu heiraten. Sie lebt in Berlin in der Stadt, er im österreichischen Burgenland auf dem Land. Er ist acht Jahre älter als sie. Sein Bezugspunkt bisher ist sein Windhund Karl, zu dem er auch mal sehr brutal sein kann, wenn es gilt, zwei Hunde auseinander zu bringen.

Hinterfragen des Glücks

Eigentlich sind sie glücklich; trotzdem wird ihre Beziehung in ihren Aussprachen immer wieder zerredet. Oft unterstellt der eine dem anderen etwas, was dann ausdiskutiert werden muss, wobei sich die Anfangsvermutung als falsch erweist. Es ist das intellektuelle Spiel eines intellektuellen Paares. Lukas neigt sowieso zum Pessimismus und sieht das Leben eher als eine Kette von Enttäuschungen. Sie hingegen ist eine optimistische Realistin mit einem Hang, vieles zu hinterfragen.

Egoismus und Ehrlichkeit

Regisseurin Katrin Schlösser © ÖFilm
Regisseurin Katrin Schlösser © ÖFilm

Zu ihrer Doku sagt Katrin Schlösser: „Ich will etwas zutiefst Privates teilen in einer Welt, in der es angeblich keine Grenze gibt zwischen Öffentlichem und Intimem, in der zur Schau gestelltes Intimes meist nicht mehr ist als eine Intimfassade, die verbirgt, nicht zeigt. Ich will wahrhaft Privates teilen, jenseits von festgelegten Rollenbildern.“ Zu privat sollte es dann aber doch nicht werden. Als Lukas sich ausführlich über ihre sexuelle Beziehung und Vorlieben äußert, sagt sie aus dem Off, das sei ihr zu privat. Aber sie lässt diese Passage im Film, um die Leichtigkeit nicht zu verlieren, mit der sie ihn begonnen hat. Die Einstellungen bleiben oft lange stehen, was die Geduld des Publikums fordert. Sie beide sind sich bewusst, dass die Anwesenheit der Kamera ihre Gespräche verändert und die Dialoge sich vielleicht auch mal plakativer entwickeln als üblich. Beide werfen sich vor, dass es Unterschiede gibt zwischen dem Gesagten und Gelebten. Es geht auch um Egoismus und Ehrlichkeit in der Beziehung.

Verkopfter Selbstversuch

„Szenen meiner Ehe“ ist wie eine Paartherapie, die filmisch begleitet wird. Ab und zu öffnet sich der Dokumentarfilm auch der Familiengeschichte, der Herkunft und persönlichen Erinnerungen an die Jugend. Insgesamt ein sehr verkopfter Selbstversuch, die Höhen und Tiefen einer Beziehung auszuloten.

SZENEN MEINER EHE

Buch | Regie | Kamera | Ton: Katrin Schlösser. Montage: Barbara Gies, Katrin Schlösser. Eine ÖFilm-Produktion, gefördert durch die Beauftrage der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM)

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Picture of Kay Hoffmann
Dr. Kay Hoffmann war langjähriger Studienleiter Wissenschaft im HDF und Gesamtkoordinator des DFG-Projekts „Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland 1945-2005“. Zusätzlich war er bis Mai 2024 Kurator der DOK Premieren in Ludwigsburg.
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