»SauAcker« von Tobias Müller

Seit 1725 gibt es den kleinbäuerlichen Hof der Familie Kienle irgendwo im Schwäbischen. Doch die Zukunft ist ungewiss. Filmemacher Tobias Müller hat Vater Konrad und Sohn Philipp zwei Jahre lang beim Kampf um den Hof, aber auch zwischen den Generationen, begleitet. Sein dabei entstandener Dokumentarfilm »SauAcker« zeigt der SWR noch bis 15. März in der SWR-Mediathek. Der Film zeigt schonungslos, was es heute heißt, einen bäuerlichen Familienbetrieb zu führen.

Manch einer lässt sich den Namen seiner Jugendliebe auf die eigene Haut tätowieren, ein anderer ein Arschgeweih. Philipp Kienle, Jungbauer aus dem Kreis Sigmaringen im Schwäbischen, hat sich für die Jahreszahl 1725 entschieden, mit der er fortan durchs Leben gehen will. 1725 ist das Jahr, in dem die ersten Kienles den Hof aufbauten, den er nun von seinen Eltern übernehmen will. Doch der Wechsel in die zehnte Kienle-Generation mag zwar ein traditionsreicher sein, einfach ist er keineswegs. Davon erzählt Tobias Müller in seinem Dokumentarfilm »Sauacker«. Der Titel lässt bereits ahnen: die Heimat der Kienles mag aus Sicht von Städtern mit reinem Bio-Gewissen wie ein Paradies erscheinen – eine heile Welt ist sie allerdings nicht.


SauAcker (SWR-Mediathek)

(Video laut Sender abrufbar bis 15. März 2018)

Rund um den »Sauacker«, das ist jenes Stück Land, das die Kienles seit Generationen bewirtschaften, gibt es allerhand Gerangel. Es geht ums Übergeben (den Hof vom Vater an den Sohn) und ums Überleben (des Hofes und der Kienles). Zum Überlegen wiederum bleibt da wenig Zeit, dabei wäre das wohl das Wichtigste, denn die Landwirtschaft ist seit Jahrzehnten unter Druck, ernährt kaum noch die Familien und ist zu einem knallharten Verdrängungswettbewerb geworden.

»Verkauft ist schnell, innerhalb von einer Woche ist alles erledigt«, sagt der Jungbauer an einer Stelle im Film. Zu dem Zeitpunkt hat er eine Menge der Illusionen, die er zum Drehbeginn vor zwei Jahren noch hatte, bereits eingebüßt. Die Hofübergabe schleppt sich hin, die Zukunft scheint im täglichen Trott, der aus harter körperlicher Arbeit von früh bis früh besteht, zu einem fernen Ziel geworden zu sein, zu dem kein Weg durch den zähen Morast führt. In solchen Situationen werden heutzutage – und nicht erst seit heute – viele Höfe einfach verkauft oder verpachtet. Für den jungen Kienle mit seiner Unterarmtätowierung ist das keine Alternative. Er will es sich beweisen, seinen Eltern, der Welt und der Freundin, die aber zwischenzeitlich das Weite gesucht hat.

Den »Sauacker« stellt Müller ganz unpoetisch und fern jeglicher Bauernhof-Romantik vor. An 34 Drehtagen über zwei Jahre hinweg begleitet er die Familie. Im Kern seines Filmes erzählt er vom (möglichen) Scheitern, einen Hof in die nächste Generation zu retten. Er zeigt, was die Kamera filmt. Den roten Faden muss sich der Betrachter in dieser Ansammlung von Lebensmosaiksteinchen selbst zusammensetzen. Da ist der Vater-Sohn-Konflikt, da die Unwirtschaftlichkeit des Hofes, hier die nie konkret ausgesprochenen Ideen des jungen Kienles, der alles gerne ändern würde und irgendwann einfach nur noch irgendetwas.

Auch wenn sich augenscheinlich die ganze Welt verkehrt, ist es gerade das jahrhundertealte Rezept des Immergültigen, was dieser Film wieder beschwört: Erde, Samen, Hände und Arbeit können Leben(smittel) erschaffen. Schön, wenn man das wieder weiß. Im Bioladen kaufen dennoch die Meisten die Frühkartoffeln aus Ägypten. Die sind billiger.

Der Film lief 2014 in der 14. Staffel der Dokumentarfilm-Reihe »Junger Gokumentarfilm«. In dieser Reihe fördern der SWR, die MFG Filmförderung Baden-Württemberg und die Filmakademie Baden-Württember Diplomanden und Absolventen der Hochschule.

SauAcker
Dokumentarfilm, D 2013, 80 Minuten
Buch, Regie, Kamera, Ton: Tobias Müller
Dramaturgie und Schnitt: Ben von Grafenstein
Produktion: M. Schlömer Film
In Koproduktion mit: SWR, gefördert von der MFG Filmförderung Baden-Württemberg