»Carl Laemmle – Ein Leben wie im Kino«
Erfinder und Pionier, Jude aus Laupheim, Lichtgestalt, leidenschaftlicher Kartenspieler, gescheitertes Genie. Viele Titel gibt Filmemacher Jo Müller seinem Protagonisten. Im Dokumentarfilm »Carl Laemmle – Ein Leben wie im Kino« wird dem in Amerika berühmt gewordenen und dann wieder vergessenen Sohn des Südwestens ein spätes Denkmal gesetzt. Was Wahrheit ist und was Lüge putty download windows , verspricht der Film zu entschlüsseln. Den Kinomann aus dem Oberschwäbischen zeigt er als Legende in Sepia-Tönen. Der SWR zeigt den FIlm bis 13. März 2019 in der Mediathek des Senders.
Zwischen den wuchtigen und mitreissenden Melodieschwüngen aus Antonin Dvořáks Sinfonie »Aus der Neuen Welt« und dem oberschwäbischen Idiom, das man in Laupheim, der Heimat des Kinopioniers Carl Laemmle, auch heute noch spricht, liegen Welten. Manchmal aber auch nur wenige Filmsekunden. Gerade gleitet die Kamera noch über Hollywoods berühmten Walk of Fame, wo sie – natürlich – auf dem Namensgeber für den Stern wie auch für den Film verharrt. Und schon fährt sie an einer kleinstädtischen Fassade eines schwäbischen Wohnhauses entlang. Dort wurde einst der kleine Carl geboren. Und drüben, jenseits des Ozeans und scheinbar am Ende des Regenbogens, kam er zu vergänglichem Ruhm und ebenso schwindsüchtigem Reichtum. Zwischen den Weiten des Filmbusiness und der Kleinteiligkeit der Heimat schwankt der Film immer wieder und er wirft uns gleich mitten hinein in ein Leben, das genau von diesen Widersprüchen geprägt war. Von der Winzigkeit des Menschleins und dem Genie, das seiner Fantasie entspringen kann. Wie man den Mühen des Alltags entkommen konnte zu Beginn des wilden 20. Jahrhunderts erzählt diese Geschichte des mutigen kleinen Carl Laemmle, der wahrlich Großes wagte.
Carl Laemmle – Ein Leben wie im Kino (SWR-Mediathek)
(Video laut Sender abrufbar bis 13.3.2019)
Geboren wurde er vor 150 Jahren in Laupheim als Kind einer vielköpfigen jüdischen Familie. Nach dem Tod der Mutter gibt es für Carl kein Halten mehr: Er entflieht der oberschwäbischen Provinz und wandert nach Amerika aus. Erst züchtet er Hühner, dann siedelte er auf Zweibeiner um. Laemmle gründet Universal Pictures. Beim Kartenspiel, so sagt es die Legende, habe er das Recht gewonnen – und gleichzeitig die Pflicht – die Traumfabrik zu erschaffen. Laemmle gebiert Hollywood und gleichzeitig auch jene Zuchtwesen, die man bald als Stars und Starletts wird betiteln müssen. Er wird reich, dann wieder arm. Er verliert alles und zugleich auch seine Bekanntheit.
Zeit also, die Legende des kleinen Carl neu zu entdecken. Jo Müller, ein ebenfalls aus dem Schwäbischen stammender Filmemacher, der schon u.a. dem Ruhm des Disney-Comiczeichner Carl Barks und dem aus dem Schwäbischen ebenfalls nach Hollywood emigrierten Roland Emmerich nachspürte, gräbt nicht nur in den üblichen Unterlagen. Seinem gelungenen Neunzigminüter, der mit vielen, aber zurückhaltend inszenierten Spielszenen sowie Interviews von Nachfahren des Laemmles angereichert ist, verleiht er sogar noch einen echten »Scoop«: Das Porträt würdigt Carl Laemmle auch als den Menschen, der mit seinen Bürgschaften Hunderte von Juden vor den Nazis rettete.
Um die Wiederentdeckung des Carl Laemmle hat sich seine Heimatstadt Laupheim in den letzten Jahren verdient gemacht. Aber auch die in Berlin ansässige Produzentenallianz unter Führung des Schwaben Christoph E. Palmer hatte schon im vergangenen Jahr bei der Berlinale an Laemmles Geschichte erinnert. Es ist, wie Palmer damals bei einem Empfang sagte, die Geschichte eines Mannes, der Vieles wagte und ökonomisch auch fast alles verlor. Aber es ist auch die Geschichte eines Mannes, der an den Aufbrauch glaubte. Eine Lichtgestalt, titelt Filmautor Müller nun in seinem Porträt. Dazu zeigt er den nachgespielten Carl Laemmle im Sepiaton, ins strahlende Gegenlicht getaucht. Dvořáks Ode an die Neue Welt klingt noch einmal an, dann reitet er in den Sonnenuntergang.
Es ist kaum zu glauben, dass man aus diesem tollen Stoff über diesen gelungenen Dokumentarfilm hinaus nicht auch einen wirklich großen Film machen könnte. Ach, Hollywood, die Themen sind so nah. Carl hätte es gemacht.