TV-Tipp 7.5.: Drachenmädchen – Vom harten Leben in der Shaolin-Schule
Mit Leistungsdruck kann man das gar nicht beschreiben, was Inigo Westmeier bei den Dreharbeiten für seinen Dokumentarfilm »Drachenmädchen« (am Montagabend bei 3sat) aufzeichnete – es ist vielmehr eine stahlharte Maschine, die Kinder aufnimmt und gegen alle Widerstände hinweg formen will. Ein beeindruckender Film und eine ganz eigene Sicht auf China.
3sat, 22:25 Uhr: Drachenmädchen
Mit »Drachenmädchen« zeigte der belgische Regisseur Inigo Westmeier 2013 im Kino eine ungewöhnliche Sicht auf China, auf Kung Fu und auf unsere Vorstellungen von Erziehung. Das westliche Bild auf eine »gedrillte Gesellschaft« wurde dabei bewusst infrage gestellt.
Bruce Lee, Shaolin und dicke Pandabären, die Kung Fu beherrschen – das ist so in etwa das westliche Bild der chinesischen Kampfkunst, die in ihrer Heimat eigentlich Wushu heisst. Der beeindruckende Dokumentarfilm »Drachenmädchen« schiebt den Schleier zur Seite. Er zeigt drei Mädchen einer chinesischen Schule, die eine Kung-Fu-Ausbildung erhalten – und damit nach jahrelangen Qualen eine Chance auf ein besseres Leben. Überraschend offen durfte das Filmteam drehen.
»Mutter hat gesagt, wenn ich diese Schule besuche, lerne ich fliegen«, sagt eines der kleinen Mädchen die in diesem Dokumentarfilm zu Wort kommen (nachgesprochen von deutschen Stimmen). Das Wissen über Kung Fu scheint auch in China nicht wirklich detailliert verbreitet zu sein. Bei uns im Westen sowieso nicht. Westmeiers Dokumentarfilm bietet hier also beste Aufklärungsarbeit.
Der Regisseur geht mit einem Blick für besondere Bilder an sein Thema heran. Kein Wunder, hat er doch nach seinem Studium als Kameramann gearbeitet – neben Spiel- und Werbefilmen übrigens unter anderem bei dem Dokumentarfilm »Der entsorgte Vater« und »Allein in vier Wänden«. Mit »Drachenmädchen« hat er seine erste Regiearbeit abgeliefert.
In der Kampfschule Shaolin Tagou – ein chinesisches Internat – werden 26.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Schon allein diese Zahlen zeigen die für westliches Verständnis teilweise absurd wirkenden Dimensionen. So fängt die Kamera auch ein uniformiertes, streng reguliertes Leben ein, dessen Härte – auch wieder nach unseren Maßstäben – unerträglich ist. Doch genau da setzt »Drachenmädchen« ein – der Film wirbt auf seine Art für Verständnis. In fast erstaunlich offenen Interviews – immerhin herrscht in China Zensur – können einige der Mädchen und auch der Schulleiter Details und Hintergründe erklären, die einen tiefen Einblick zulassen. Sogar eine Aussteigerin darf sich aus der Masse herausheben und ihre persönlichen Zweifel artikulieren.
Allein schon diese Szenen helfen, unser China-Bild in Teilen zu korrigieren. Die Deutsche Film- und Medienbewertung zeigte sich von »Drachenmädchen« überaus angetan und vergab das Prädikat »Besonders wertvoll«. Außerdem gewann der Film den Deutschen Kamerapreis 2013 und im gleich Jahr den Hessischen Filmpreis als Bester Dokumentarfilm.