Indisches Filmfestival: Dokus zu Befreiung und Unterdrückung
Das Indische Filmfestival Stuttgart ist das größte Europas. Vom 21.-25.7.2021 werden rund 40 Filme überwiegend online gezeigt; es gibt auch einige Kinovorführungen und Rahmenprogramm. Neben aktuellen Spielfilmen ist der Dokumentarfilm aus und über Indien wie immer gut vertreten.
Im Cinema am Schlossplatz in Stuttgart wird am Samstag, den 24. Juli, um 18 Uhr der Dokumentarfilm „Berlin to Bombay“ von Marco Hülser und Daniel Popat gezeigt. Ein erfolgloser deutscher Schauspieler indischer Herkunft setzt darin alles auf eine Karte und fliegt nach Indien, um in Bollywood zum Star zu werden.
Starke Frauen kämpfen um Perspektiven
Im Mittelpunkt stehen allerdings zahlreiche mutige Frauen. In „A Rifle And A Bag“ von Arya Rothe, Cristina Hanes und Isabella Rinaldi rufen Frauen ein Aussteigerprogramm für ehemalige Mitglieder der maoistisch geprägten Guerilla-Bewegung Naxaliten ins Leben. Die kämpfen seit den 1960er Jahren für die Rechte ihrer Stammesgemeinschaft. Wie sich das Leben in den Grenzregionen Indiens anfühlt, schildern sechs dort lebende Menschen in „Borderlands“ von Samarth Mahaja. Wie können sie den Sinn des Lebens finden in einer Welt, die sie nicht kontrollieren können? Ihr Leben ist von persönlichen und politischen Grenzen gekennzeichnet.
Neue Chancen im Internet
Der mehrfach ausgezeichnete Dokumentarfilm „Ritu goes Online“ von Vrinda Samartha porträtiert die Ritu Kaushik aus Neu-Delhi, die hart kämpfen musste, bis sie 2016 ihr Taschen-Label „Ritupal Collection“ auf dem indischen Internetportal Flipkarts anbieten konnte. Nun besucht die versierte Unternehmerin ihre ehemalige Schule, um ihre Erfahrungen mit einer jüngeren Generation zu teilen.
Wenn einer eine Reise tut …
„Moving Upstream Ganga“ von Shridhar Sudhir begleitet einen Wanderer auf seiner 3.000 Kilometer langen Reise entlang des Ganges. Er erkundet die Idee des Gehens, die Reaktionen der Menschen auf einen Reisenden, der zu Fuß unterwegs ist und dessen sich daraus entwickelnde Beziehung zur Natur. Als Wanderer ist er offen für Begegnungen. Eine historische Motorradexpedition von Wien nach Mumbai, die der spätere Tiroler Orientforscher Max Reisch 1933 wagte, sowie drei atemberaubende und faszinierende Bahnreisen durch Indien mit der SWR-„Eisenbahnromantik“ liefern weitere Reiseimpressionen aus Indien.
Alte Frauen als Vorbild
„Willow Maatju Juni Akaini – Portrait of a Willow Woman“ von Supriya Prasad dokumentiert eine 82-jährige indigene Frau aus Meghalaya, die sich an traditionelle Heilpraktiken, Glauben und Spiritualität klammert. Erinnerungen und Mythen, über Generationen weitergegeben, werden so der Gegenwart zugänglich gemacht. Dagegen drückt die 96-jährige Karthiyani Amma erstmals in ihrem Leben eine Schulbank. „The Barefoot Empress“ von Vikas Khanna stellt eine Frau vor, die Jahrzehnte lang Tempel fegte und nun im hohen Alter die besten Noten in ihrer Klasse erreicht.
Musik als politische Waffe
In „Breaking Barriers – The Casteless Collective“ porträtiert Maja Meiners eine 15-köpfige Protestband aus Chennai. Die Ende 2017 gegründete Musikgruppe kombiniert Rap und Rock mit traditioneller Volksmusik und geht in ihren Songs auf verdrängte Probleme der indischen Gesellschaft ein: die Unterdrückung von Frauen sowie Mitgliedern der LGBTQI-Community, Diskriminierung durch das immer noch existierende Kastensystem. Der Dokumentarfilm zeigt den machtvollen Versuch der jungen Band, kulturelle Stigmata zu brechen und das Indien der Zukunft zu gestalten: Das Kastensystem soll aus den Köpfen der Menschen und so aus dem Alltag verschwinden.
Breites Programm beim Indischen Filmfestival
Das Indische Filmfestival bietet also Programm, das mit scharfem Blick auf politische Fehlentwicklungen und gesellschaftliche Missstände hinweist und den Alltag auf dem indischen Subkontinent im Fokus hat. Die Preisverleihung findet am Samstag, 24. Juli ab 20 Uhr online statt. Der Online-Festivalpass kostet 18 Euro, das Einzelticket 8 Euro. Mehr Informationen unter www.indisches-filmfestival.de