Mit Dokus wie „Stau – Jetzt geht’s los“ beleuchten die TV- und Mediatheken Tipps in dieser Woche, welche Aufgaben und Bedürfnisse an den Staat herangetragen werden und wie NGOs, soziale Bewegungen oder Parteien um politische Handlungsmacht streiten.
Wie finden diejenigen eine Heimat, die am dringendsten eine Zukunft brauchen? In dem 1992 in Halle-Neustadt gedrehten Dokumentarfilm „Stau – Jetzt geht’s los“ geht es um fünf perspektivlos wirkende Jugendliche. Es stellt sich die Frage, ob sie nach der Wende so desillusioniert zurückgelassen wurden, dass ein Abdriften ins rechte Spektrum beinahe zwangsläufig war.
Einem langanhaltenden Trend entsprechend, wollen immer mehr Menschen nichts mehr mit dem Staat zu tun haben. In der Doku „Die Welt der Reichsbürger – Träumer, Aussteiger, Extremisten“ kommt eine Mischung aus Reichsbürgern, Selbstverwaltern und Systemverweigerern zu Wort, die der Bundesrepublik den Rücken zukehrt.
Keine andere Person verkörpert Deutschland so stark wie die nunmehr 16 Jahre amtierende Bundeskanzlerin. Nun neigt sich die Amtszeit von einer Frau, die sich mit den Worten „Sie kennen mich“ ihre Widerwahl sichern konnte, dem Ende zu. Die Doku „Merkel-Jahre: Am Ende einer Ära“ zieht Bilanz.
Drei weitere Worte von Angela Merkels sind in die Geschichte eingegangen. Im Spätsommer 2015 spaltete sie mit den Worten „Wir schaffen das“ das ganze Land. Der Dokumentarfilm „Alles gut – Ankommen in Deutschland“ erzählt von zwei Kindern, die zu dieser Zeit mit ihren Familien nach Deutschland kamen.
Montag, 30. August 2021
ZDF Info, 13:30 Uhr: Die Welt der Reichsbürger – Träumer, Aussteiger, Extremisten
Wie radikalisierten sich die Reichsbürger in den letzten Jahren? Welche Motive haben sie? Zum Vorschein kommt eine schillernde europäische Gemeinde von Anarchisten, Geschäftsleuten, Esoterikern und Abenteurern – zwischen selbst erklärtem Freiheitskampf und Eigensinn.
ZDF Info, 14:15 Uhr: Deutschland extrem – Extremismus von links und rechts
Die einen bekämpfen das demokratische Deutschland und wollen großdeutsche Fantasien umsetzen, die anderen fordern eine klassenlose Gesellschaft. Rechts- wie Linksextremisten erklären ihre Motive und ihre Haltung zum Staat und zur Gewalt. Was treibt sie an, wie weit sind sie bereit, für ihre Ziele zu gehen? Die Doku bietet einen tiefen Einblick in die Strategien von NPD und Jungen Nationalisten sowie der rechtsextremen Identitären Bewegung.
ARD, 20:15 Uhr: Merkel-Jahre: Am Ende einer Ära
In ihren schwierigsten Momenten genügten Angela Merkel drei Worte, um sie für manche zu einer Hassfigur werden zu lassen: „Wir schaffen das.“ Ein prominenter Satz, der sich an die Person Angela Merkel knüpft. Doch was bleibt von dieser langen Amtszeit?
3sat, 22:25 Uhr: Der Ast auf dem ich sitze – Ein Steuerparadies in der Schweiz
Wer zahlt schon gerne Steuern? Luzia Schmid erzählt vom Aufstieg ihres Heimatortes Zug in der Schweiz zu einer weltweit bedeutenden Steueroase. Was für negative Folgen die Ausbeutung der Rohstoffe in Drittweltländern wie Sambia hatte, führte keinen Mentalitätswandel herbei. Erstaunlich viele Zuger leben gut damit. Man lässt die Firmen gewähren. Aber man fand es empörend und juristisch wie moralisch verwerflich, als die Politik eingriff: der ehemalige NRW-Wirtschaftsminister Walter-Borjans kaufte Schweizer Steuer-CDs an und stellte die Steuersünder.
ARD, 23:05 Uhr: Wahlkampf undercover: Wie PR-Profis uns manipulieren
Ein spannender investigativer Film über die Arbeit internationaler PR Agenturen. Die Autorin Gesine Enwaldt und der Autor Peter Kreysler dokumentieren hautnah, was in der Welt der Wahlkampfstrategen heute möglich ist, und liefern erstmals einen tiefen Einblick in die skrupellosen Geschäftsmethoden der Meinungsmacher. Das Ergebnis der verdeckten Recherche ist alarmierend.
ARD, 23:50 Uhr: Hoyerswerda ’91 – Eine Stadt, die Gewalt und ihre Aufarbeitung
Im September 1991 kommt es scheinbar aus dem Nichts zu einer öffentlichen Hetzjagd in Hoyerswerda. Eine stetig wachsende Menge aus „einfachen Bürgern“ und Neonazis belagert eine ganze Woche lang das Wohnheim von DDR-Vertragsarbeitern aus Mosambik und Vietnam und die zentrale Unterkunft für Asylbewerber aus Osteuropa. Die Doku rekonstruiert zum einen die Chronik der Ereignisse jener sieben Tage im September und ihrer Ursachen.
ZDF, 0:25 Uhr: Aggregat
(Diese Doku läuft in der Nacht von Montag auf Dienstag)
Der Dokumentarfilm zeigt Fragmente aus einem Land im Umbruch: Er gibt Einblicke in politische Räume, seien es Debatten im Bundestag, die Arbeit in Redaktionen und der Meinungsaustausch auf öffentlichen Plätzen in einer Zeit der gesellschaftlichen Spaltung durch Flüchtlingskrise und Rechtspopulismus.
Diese Doku ist bis zum 31. September 2021 in der ZDF Mediathek verfügbar.
Arte, 0:10 Uhr: Makala | Cannes 2017
(Diese Doku läuft in der Nacht von Montag auf Dienstag)
Emmanuel Gras begleitet im Kongo einen jungen Mann, der ein größeres Haus für seine Frau und seine beiden Kinder bauen möchte. Seine Botschaft ist eindeutig: Er prangert die soziale Ungerechtigkeit an. Sei es in ästhetischer, emotionaler und politischer Hinsicht – „Makala“ ist der Beweis, dass man auch mit einfachsten Mitteln einen ausgezeichneten Dokumentarfilm drehen kann.
Dieser Dokumentarfilm ist bis zum 25. Februar 2022 in der Arte Mediathek verfügbar.
Arte, 1:50 Uhr: Nur der Teufel lebt ohne Hoffnung – Politische Gefangene in Usbekistan
(Diese Doku läuft in der Nacht von Montag auf Dienstag)
In Usbekistan, einer ehemaligen Sowjetrepublik nördlich von Afghanistan, verschwinden immer wieder politische Gefangene für Jahre im Gefängnis. So auch der Bruder von Dilya, die von Schweden aus versucht, Iskandar aus dem Gefängnis zu befreien. Die Dokumentation begleitet sie auf ihrer jahrelangen Odyssee.
Diese Doku ist bis zum 21. November in der Arte Mediathek verfügbar.
Dienstag, 31. August 2021
Arte, 22:10 Uhr: Der Fall el-Masri
2004 wird der deutsche Staatsbürger Khaled el-Masri von der CIA entführt. Vergeblich kämpfte er für eine Entschuldigung und die Wiederherstellung seiner Würde. Traumatisiert wurde er zum Gewalttäter und kam für fünf Jahre ins Gefängnis. Der Dokumentarfilm erzählt, wie geopolitische Machtinteressen Khaled el-Masris Leben zerstörten und wie sich die deutsche Regierung den amerikanischen Freunden unterwarf.
Diese Doku ist bis zum 29. September in der Arte Mediathek verfügbar.
Arte, 23:45 Uhr: Afghanistan – Das verwundete Land
Mit dem Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan haben die Taliban in kürzester Zeit die Macht über das Land ergriffen. Die Vielen, die zuvor an ein modernes Afghanistan geglaubt hatten, müssen nun um ihr Leben fürchten und versuchen sich verzweifelt ins Ausland zu retten. Doch woher stammt diese endlose Gewalt?
NDR, 0:00 Uhr: Alles gut – Ankommen in Deutschland
Im Spätsommer 2015 spalten drei Worte ein ganzes Land: Wir schaffen das. Millionen Bundesbürger engagieren sich für Asylbewerber. Anderswo brennen die Flüchtlingsheime, die Fremdenfeindlichkeit nimmt zu und die Regierung streitet über Obergrenzen und Sprachkurse für Geflüchtete. Willkommenskultur stand gestern im Mittelpunkt, nun geht es um Integration und die Frage, wie sie gelingen kann.
Mittwoch, 1. September 2021
HR, 21:45 Uhr: Was wurde aus…? Jakob, dem Hippie
Wie lebt es sich als Kind in einer politischen Kommune? Jakob Hüfken ist zusammen mit 80 Menschen aufgewachsen, in der Kommune Niederkaufungen. Vieles an Jakobs Kindheit entsprach nicht dem Bundesdurchschnitt. Er war schon früh politisch engagiert, ging als Kind auf Demonstrationen. Von einigen Mitschülern wurde Jakob gehänselt und ausgegrenzt.
Arte, 0:00 Uhr: Töchter des Feuers
Sie sind gerade einmal 20 Jahre alt und kämpfen in den syrischen Kurdengebieten gegen den Islamischen Staat. In einer Weltregion, wo Frauen normalerweise drei Schritte hinter den Männern laufen müssen, kommt der Tatsache, dass sie gemeinsam mit ihren Brüdern unter Waffen stehen, eine besondere Bedeutung zu. Ihre bunten Tücher und ihr Mut haben sie berühmt gemacht.
RBB, 22:45 Uhr: Gegen das System
Im Sommer 1989 herrscht in der DDR trotz allgegenwärtiger Stasi und permanenter Verhaftungsbedrohung Gründungsfieber unter den Oppositionellen. Die Dokumentation erinnert an den Mut, die Zivilcourage und an das große Maß an Verantwortung, mit dem die Bürgerbewegung den gewaltfreien Übergang von der Diktatur zur Demokratie geebnet hat.
Donnerstag, 2. September 2021
Arte, 20:15 Uhr: Von der Ökobewegung zum Konzern: 50 Jahre Greenpeace
Der Film bietet seltene Einblicke hinter die Kulissen und fragt, inwiefern akribisch geplante medienwirksame Aktionen helfen, die Klimakrise zu verhindern. Wie wurde in 50 Jahren aus der kleinen Umweltbewegung eine Art weltweiter Konzern ist? Dabei wird hinterfragt, ob die Methode der polarisierenden Aktion hilft, die nahende Klimakatastrophe abzuwenden.
Samstag, 4. September 2021
Arte, 1:55 Uhr: Gorbatschow. Paradies
(Diese Doku läuft in der Nacht von Samstag auf Sonntag.)
Vitaly Manskys Dokumentarfilm ist ein langes Gespräch zwischen dem Autor und Michail Gorbatschow. Sie kennen sich seit über 30 Jahren. Wie lebt der letzte und einzige Präsident der Sowjetunion heute? Gorbatschow wurde im Frühjahr dieses Jahres 90 Jahre alt. Dem Westen gilt “Gorbi” als Symbol der Freiheit, manche in Russland sehen in ihm den Totengräber der Sowjetunion.
Sonntag, 5. September 2021
Phoenix, 15:30 Uhr: Weimar und die 37 Frauen
Vor 100 Jahren kommt in Weimar die erste Nationalversammlung zusammen. Das erste Parlament der jungen Demokratie. Ein historischer Augenblick und auch eine Sternstunde für die Frauenbewegung,denn zum ersten Mal sitzen auch Frauen im Parlament. 37 Politikerinnen haben es ins hohe Haus geschafft. Bei einer Gesamtzahl von 423 Abgeordneten ist das ein Frauenanteil von 9 Prozent. Im Jahr 1919 Weltspitze.
Mediatheken
Bundeszentrale für politische Bildung: Stau – Jetzt geht’s los
In diesem Dokumentarfilm von 1992 begleitet Thomas Heise fünf rechtsextreme Jugendliche aus der einstigen sozialistischen Mustersiedlung Halle Neustadt mit der Kamera in einer Zeit, die für viele Menschen von großer Verunsicherung geprägt war. Heises Film stellt die Jugendlichen in ihren familiären Bindungen, bei der Arbeit und in der Freizeit vor. Er forscht in langen Interviews nach den Ursachen ihrer politischen Orientierung und verzichtet dabei auf einen einordnenden Kommentar oder wertende Aussagen.
Bundeszentrale für politische Bildung: Mehr Bürger an die Macht?
Themen wie “Politikverdrossenheit” oder “Krise der Demokratie” werden zuletzt häufig diskutiert, dabei sind die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland nachweislich an politischen Fragen interessiert und wollen sich aktiv einbringen. Das naheliegende Mittel: mehr Bürgerbeteiligung, mehr Teilhabe und Mitsprache für die Bürgerinnen und Bürger. Doch wie soll eine solche Beteiligung aussehen und wie kann sie mit der repräsentativen Politik, ihren Ritualen und Abläufen verzahnt werden?
Arte: 1968mm – Reformen, Panzer, Hühnersuppe
Die Reihe blickt zurück auf die Umbrüche, Protestbewegungen und dramatischen Momente des ereignisreichen Jahres 1968. In dieser Folge: Sommer 1968. Zwei italienische Studenten machen sich auf den Weg nach Prag, um alte Freunde wiederzutreffen. Zeitgleich setzt sich eine Panzerkolonne im ostdeutschen Dallgow-Döberitz in Bewegung. Ihr Ziel ist ebenfalls die tschechoslowakische Hauptstadt.
Diese Doku ist bis zum 8. Oktober 2021 in der Arte Mediathek verfügbar.
RBB: Biking Boom – Protestkultur auf Rädern
Das Fahrrad ist mehr ein Transportmittel, es steht auch für Widerstand und Protest. Zum Beispiel gegen gefährliche Verkehrsplanung oder sinkende Gehälter und gnadenlose Arbeitszeiten in der Messenger-Branche. So mobilisiert die 1992 von Fahrradkurieren gegründete “Critical Mass”– Bewegung inzwischen Fahrradfahrer auf der ganzen Welt. Gemeinsam demonstrieren sie für ihre Rechte im Straßenverkehr.
Diese Doku ist bis zum 14. August 2022 in der ARD Mediathek verfügbar.