Kino-Tipp: »Vom Bauen der Zukunft – 100 Jahre Bauhaus«
Vor beinahe hundert Jahren wurde eine radikale künstlerische Utopie in die beschauliche Stadt Weimar hineingeboren: Das Bauhaus. Ihre Auswirkungen prägen unsere Lebenswelt bis heute. Vor dem Hintergrund des 100. Bauhaus-Jubiläums erzählt der Dokumentarfilm »Vom Bauen der Zukunft – 100 Jahre Bauhaus« nicht nur Kunst-, sondern Zeitgeschichte. Vor allem in Sachen Sozialer Wohnungsbau wirkt die Bauhaus-Idee wieder äußerst zeitgemäß.
Kinostart: 26. April 2018
Von Beginn an fragten die Architekten und Künstler des Bauhaus (darunter Walter Gropius, Wassily Kandinsky oder Paul Klee): Wie zusammenleben? Was bedeutet »zusammenleben«? Wie lassen sich Räume so gestalten, dass alle Menschen am gemeinsamen Leben teilhaben? Mit dem Bauhaus wurden Kunst, Gestaltung und Architektur politisch. Es entstand eine Raumkunst, die sich ebenso wenig zu schade war, über den Abstand zwischen Badewanne und Toilette nachzudenken wie über den idealen Stuhl.
Der Dokumentarfilm »Vom Bauen der Zukunft – 100 Jahre Bauhaus« geht zurück zu den Anfängen der ersten Bauhaus-Gruppe um Walter Gropius, deren Ausbildungskonzept zwischen Feiern und Forschen revolutionär war. Vom Bauhaus als gesellschaftlicher Utopie ausgehend, fragen Niels Bobrinker und Thomas Tielsch nach ihrer Evolution, ihrem Wandel und ihrer Inspirationskraft im Lauf der letzten hundert Jahre. Wie können die Ideen des Bauhaus den Herausforderungen des globalen Kapitalismus und seiner Umwälzung der Wohnungsmärkte begegnen?
Der Film führt uns vom legendären Bauhausgebäude in Dessau zu visionären Projekten in lateinamerikanischen Favelas, von den Kursen der Bauhaus-Meister Kandinsky, Klee und Schlemmer zu skandinavischen Schulen ohne Klassenräume, von der Berliner Gropius-Stadt zur Vision einer autofreien Metropolis. Der Film ist viel mehr als eine Geschichte des Bauens. Ihm gelingt eine Kulturgeschichte des modernen Raumdenkens, die so fesselnd wie erhellend ist.
Walter Gropius hatte schon in Weimar zusammen mit Studierenden ein modulares System für Typenhäuser entwickelt. Es war die frühe Idee, die Fertigbauweise für eine günstige Massenproduktion des sozialen Wohnungsbaus zu nutzen. Nach dem Umzug des Bauhaus nach Dessau kam der erste Großauftrag, mit dem sie ihre Kompetenz im sozialen Wohnungsbau unter Beweis stellen konnten: der Bau einer Arbeitersiedlung mit Selbstversorger-Gärten vor den Toren der Stadt. Dabei wurden die Wohnbedürfnisse exakt erfasst und geplant. Es entstanden ästhetisch sehr »bauhausmäßige« Reihenhäuser, nüchtern und kubisch, flaches Dach, Fensterbänder, mit viel Licht und Terrassen und Wohnhygiene sowie Modellmöbeln aus den Bauhaus-Werkstätten. Die ersten 88 Häuser entstanden in einem rationellen Bauverfahren mit industriell vorgefertigten Elementen in nur 130 Bautagen, also anderthalb Tage pro Haus. Das bewies: Sozialer Wohnungsbau geht schnell und günstig und kann auch zeitgemäß aussehen.