TV-Tipp 14.11: Mollath – Und plötzlich bist du verrückt: Ein Mann zwischen Irrtum, Wahnsinn und Posse
Fast schon wieder vergessen? Von einem kurzzeitig Aufregen erregenden Justizirrtum handelt »Mollath – Und plötzlich bist du verrückt«. Darin versuchen die beiden Autorinnen Annika Blendl und Leonie Stade, den Skandal um Gustl Mollath so neutral wie möglich zu dokumentieren. Mollath war jahrelang in der Psychiatrie weggesperrt und es dauert Jahre, bis Zweifel an den Beweggründen und an dem damaligen Urteil letztlich zur Rehabilitierung des Mannes führten. Das Bayerische Fernsehen zeigt den 2015 auch im Kino eingesetzten Dokumenarfilm am Mittwochabend.
BR, 22:45 Uhr: »Mollath – Und plötzlich bist du verrückt«
Es sind rund 7000 Filme bei Youtube über Gustl Mollath abrufbar – ein paar Hundert mehr oder weniger fallen da gar nicht ins Gewicht. Darunter gleich an führender Position die durchaus umfassende SWR-Reportage »Der Fall Mollath« von Monika Anthes und Eric Beres. Google wirft erwartungsgemäß ein paar Fundstellen mehr aus – etwa 237.000. Dort führend ist die eigene Homepage des »Opfers eines Irrtums der deutschen Justiz«, wie Fundstelle zwei – die Wikipedia – konstatiert. Es ist zu diesem Fall vermutlich längst noch nicht alles gesagt, dennoch muss die Frage gestellt werden: macht ein Film wie »Mollath – Und plötzlich bist du verrückt« tatsächlich noch Sinn? Gibt es noch mehr aufzuklären um diesen komplizierten Fall, der (je nach Sichtweise) zwischen Justizirrtum und Posse einzustufen ist?
Die Antwort ist schnell gegeben, ob es eines Filmes wie »Mollath – Und plötzlich bist Du verrückt« bedarf. Es braucht ihn schon alleine deshalb, weil sich die beiden Regisseurinnen Annika Blendl und Leonie Stade für ihre 93 Minuten langen Strecke viel Zeit nehmen konnten. Viel mehr, als dies für eine Reportage möglich sein könnte. Befreit vom schnelllebigen Geschäft der aktuellen Berichterstattung können die beiden Filmemacherinnen, die an der HFF in München studieren und bereits bei dem Film »Nowhereman« zusammen gearbeitet haben, folgen sie Mollath in der Zeit nach seiner Freilassung aus der Verwahrung in einer geschlossenen Psychiatrie bis zu seinem Wiederaufnahmeprozess Mitte 2014.
Das ist viel Zeit, um sich von diesem Mann, den ein Richter ein paar Jahre zuvor als gemeingefährlich genug einstufte, um ihn für lange Zeit wegschließen zu lassen, mehr als nur ein flüchtiges Bild machen zu können. Den verworrenen Fall arbeitet der Film gleich am Anfang mit einem Off-Kommentar ab. Danach können sie mit ihrer (von Eugen Gritschneider geführten) Kamera vor allem eines tun, was die Stärke eines jeden Dokumentarfilms sein sollte: beobachten.
Vor der Kamera äußern sich Rechtsanwälte und Journalisten (meist professionell), Unterstützer des Gustl Mollath (meist emotional) und auch die Person des öffentlichen Interesses selbst. Da gelingt den beiden jungen Filmemacherinnen durchaus eine differenzierte Sichtweise, die zumindest andeutet, dass Mollaths Verhalten auch selbst Grund für Zweifel geben könnte. Eine objektive Darstellung des Falles gelingt nicht – kann es vielleicht nie geben, so lange sich zum Beispiel Mollaths ehemalige Ehefrau nicht äußern kann und will.