Noch bis 4. Juli 2022 läuft „Frame by Frame“ in der Deutschen Kinemathek in Berlin. Die Ausstellung zeigt anschaulich, wie sich Filmmaterial als Zeitzeugnis bewahren lässt und was das Handwerk ausmacht. Kay Hoffmann vom Haus des Dokumentarfilms stellt sie vor.
Filmkopien waren früher ein Wegwerfprodukt
„Die Filmgeschichte ist von Beginn an auch eine Geschichte von Verlusten“, heißt es gleich zu Beginn der sehenswerten Ausstellung „Frame by Frame“. In der Frühzeit des Kinos wurden die Kopien an Kinobetreiber:innen verkauft. Diese spielten die Filme so lang wie möglich ab und entsorgten sie anschließend. Das im Material enthaltene Silber wurde wiederverwertet. An eine Archivierung wurde nicht gedacht, weshalb aus dieser Periode auch die wenigsten Kopien erhalten sind.
Private Sammler wie Gerhard Lamprecht lieferten die Basis späterer Archive. Doch auch erhaltenen Kopien sind oft nicht im Originalzustand belassen. Zum Teil gab es Auflagen der Zensur oder die Filme wurden für einen vermeintlichen Publikumsgeschmack gekürzt oder neu montiert. Zum Teil nahmen auch Regisseur:innen nachträglich selbst Veränderungen vor.
Am Anfang der Restaurierung steht die Bestandsaufnahme
Die Ausstellung „Frame by Frame“ führt durch alle Stationen der Restaurierungsarbeit. Zunächst geht es um eine Bestandsaufnahme und die Recherche, welche Kopien eines Films in verschiedenen Archiven erhalten sind. Ein Glücksfall ist es, wenn das originale Negativ erhalten ist, da es technisch die beste Qualität hat. Aber auch verschiedene Fassungen der Positivkopie, die zum Teil für den Export produziert wurden, können helfen. Zum Teil liefern sogar Schmalfilmkopien wichtiges Material für die Rekonstruktion, wie im Fall von Fritz Langs „Metropolis“.
Expert:innen erläutern das Handwerk
Am Beispiel mehrerer Spielfilme („Das Alte Gesetz“ 1923, „Sylvester“ 1924, „Der Katzensteg“ 1927, „Metropolis“ 1927, „Menschen am Sonntag“ 1930, „Tobby“ 1961, „Neun Leben hat die Katze“ 1968, „Deutschland Bleiche Mutter“ 1980) und nur jeweils eines Dokumentarfilms („Die Insel der Dämonen“ 1933) und eines Experimentalfilms („Alaska“ 1968) erläutern Restaurator:innen und Kurator:innen in kurzen Videos ihr Vorgehen.
Ihr Ziel ist es, sowohl das Filmbild als auch die Filmstruktur in den ursprünglichen Zustand zurückzubringen. Die Noten der Originalmusik können den Filmrestaurator:innen wichtige Hinweise darüber liefern, wie die Originalfassung ausgesehen hat. Auch das Drehbuch oder Zensurkarten sind eine große Hilfe. Bei Stummfilmen spielen zudem die Zwischentitel eine wichtige Rolle dabei, die ursprüngliche Struktur zu ermitteln. Wenn Sequenzen fehlen, können sie dann aus anderen Kopien ergänzt werden.
Digitale Bildbearbeitung vereinfacht die Restaurierung
Dabei kann es auch darum gehen, beschädigte Kopien zu reparieren. Dies fängt mit zerstörter Perforation oder sich auflösenden Klebestellen an und geht über Kratzer und Abnutzungserscheinungen bis hin zur Zersetzung des Materials oder dem Verlust von Kolorierung oder Farbgebung.
Hier bietet die digitale Bildbearbeitung zahlreiche Möglichkeiten, das Bild zu stabilisieren, es aufzuhellen und eine einheitliche Farbkorrektur durchzuführen. Ziel ist es, möglichst nah an die Fassung zu kommen, die bei der Premiere gezeigt wurde, wobei dies oft nur eine Annäherung sein kann. Im Ausstellungkino kommen neben den Expert:innen auch Schauspieler:innen, Komponist:innen, Tontechniker:innen, die Experimentalfilmerin Dore O. oder der Regisseur Andres Veiel zu Wort.
Darum lohnt sich ein Ausstellungsbesuch
„Frame by Frame“ widmet sich einem Bereich der Filmarchive und -sammlungen, die oft im Verborgenen stattfindet. Dabei ist die Filmrestaurierung immens wichtig für die Erhaltung und Pflege des Filmerbes. Die Ausstellung in Berlin läuft noch bis zum 4. Juli 2022. Weiterführende Infos gibt es auf der Homepage der Deutschen Kinemathek.