Diverse Zeitgenossen haben sie so beschrieben: Das brave, kleine Fräulein Eva. Ein Mädchen in München für die Liebe. Von eher plumper Gestalt. Blond und dümmlich. Eher Hausfrau als First Lady. Aber auch: die Braut des Bösen, das Anhängsel des Führers. Welche Rolle spielte Eva Braun, die heimliche Geliebte von Adolf Hitler, wirklich? Der erfahrene Dokumentarfilmer Michael Kloft hat aus vielen Originalquellen – darunter Aufnahmen, die Eva Braun selbst gefilmt und fotografiert hat – die zweiteilige Dokumentation »Eva Braun – Die Braut des Bösen« montiert. Der durch zusätzliche, erhellende Interviews abgerundete Film macht deutlich: die Braun war kein junges Dummchen, sie genoss ihre exklusive Rolle, aber sie litt auch darunter und hatte schon vor ihrem Freitod an der Seite Hitlers versucht, sich das Leben zu nehmen. Außerdem hätte aus ihr eine richtig gute Fotografin werden können. Die beiden Filme sind bis 13. Februar 2019 in der ZDFinfo-Mediathek abrufbar.
Für die Liebe, sagte Hitler einmal, habe er ein Mädchen in München. Gemeint war Eva Anna Paula Braun, geboren 1912, gestorben am 30. April 1945 durch gemeinsamen Selbstmord mit Adolf Hitler, ihrem Geliebten. Dass die beiden ein Paar waren, muss im innersten Zirkel um den Naziführer allen bewusst gewesen sein. Immerhin lebte Eva Braun auf Hitlers Berghof am Obersalzberg – wenn auch offiziell als dessen Sekretärin – eng mit Hitler zusammen. Auch politische Weichenstellungen – so zum Beispiel die letzten Entscheidungen, die zur Schließung des Hitler-Stalin-Paktes führten und den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges beschleunigten – hat Eva Braun nicht nur hautnah selbst miterlebt. Sie hat als begeisterte Hobbyfilmerin und Fotografin diese sogar selbst dokumentiert.
Filmautor Michael Kloft hat für seine Geschichtsdokumentation umfangreich Privatfilme und zahlreiche Fotoalben von Eva Braun selbst ausgewertet. Das Material, das einen intimen (aber nicht boulevardesken) Blick auf Hitlers Privatleben ermöglicht, hätte eigentlich vernichtet werden sollen. Es blieb im Besitz eines ehemaligen SS-Mannes nur durch Zufall erhalten.
Eva Braun – Die Braut des Bösen (1: Heimliche Geliebte)
Eva Braun – Die Braut des Bösen (2: Bis in den Tod)
Beide Videos laut ZDF abrufbar bis 13. Februar 2019
Eva Braun hatte, bevor Hitler auf sie aufmerksam wurde, wohl von einer Karriere als Fotografin oder Filmerin geträumt. Bei Hitlers Leibfotografen Heinrich Hoffmann in München bekam sie einen Ausbildungsplatz – und viel mehr noch als nur einen Beruf: Hoffmann stellte den Kontakt zum Führer her. Der, 23 Jahre älter, hielt sich das junge Mädchen als Kurtisane, später als Frau an seiner Seite. Über moralische Bedenken, die vor allem auch die Eltern von Eva Braun anfangs hatten, setzte sich Hitler hinweg. An eine Ehe dachte er nicht (einen Tag vor ihrem Tod wurden sie dann doch getraut), auch ein gemeinsames Kind hat es nicht gegeben (wenn auch eine Abtreibung möglich zu sein scheint). Der Führer hat bei Eva Braun Entspannung gesucht und gefunden, weil sie ihn politisch wohl nie bedrängt hat.
Aber dumm war sie deshalb nicht. Das meint zumindest die Historikerin Heike Görtemaker. In Michael Klofts Film fasst sie zusammen, was sie in ihrer wissenschaftlichen Biografie über Eva Braun (»Leben mit Hitler«, dtv) bereits vor Jahren herausgearbeitet hat: Hinter der aufgesetzten Fröhlichkeit Brauns, meint die Biografin, habe sie eine Frau gefunden, die sehr bestimmt gewesen sei und mit unglaublicher Härte versucht habe, ihre Ziele zu erreichen. »Sie ging bis zur letzten Konsequenz«, sagt Görtemaker im Film. Sie meint damit den Suizid. Gedanken an den Freitod und sogar Versuche, sich das Leben zu nehmen, haben Eva Braun wohl viele Jahre schon begleitet. Sie war manisch und depressiv, berichtet ihre zwölf Jahre jüngere Cousine Gertraud Weisker in einem Interview, das sie im Jahr 2000 gab.
Was hat Adolf und Eva mehr als 13 Jahre vereint? Auch hier benennt die Historikerin Görtemaker Eigenschaften, die der allgemein anerkannten Sicht auf die »etwas dümmliche Blondine an der Seite des Führers« widersprechen. »Absolute Loyalität zueinander«, so die Eva-Braun-Biografin, sei die Basis dieser Beziehung gewesen.
Was der Film allerdings auch zeigt, ist das nicht zu leugnende Talent von Eva Braun für den Umgang mit der Kamera. Ihre überlieferten Bilder aus dem Kosmos Hitler sind, losgelöst von der sich immer um den Führer kreisenden Präsenz, von einer schlichten Schönheit. Keine Leni-Riefenstahl-Wucht, kein August-Sanders-Realismus. Aber als Fotojournalistin hätte man sie sich durchaus vorstellen können. Sie soll über ihren ehemaligen Chef Heinrich Hoffmann auch einzelne Bilder von Adolf Hitler verkauft haben. Für 20.000 Reichsmark das Stück. Einen Sinn fürs Geschäft hatte sie also auch. Wahrlich kein Dummchen, das kleine Mädchen Eva.
Michael Kloft, ein überaus erfahrener Filmemacher mit langer Themenliste über das nationalsozialistische Deutschland, legt keine endgültige Eva-Braun-Biografie vor. Auch nach zwei Teilen mit insgesamt 90 Minuten Länge bleibt Manches unerzählt. Aber ihm gelingt es, mehr als nur Neugier auf die Frau neben Hitler zu wecken. Fast scheint seine Doku wie das Präludium zu sein für den nächsten Dokudrama-Mehrteiler, der allerdings noch nicht gedreht wurde. In Anlehnung an Heinrich Breloers »Speer und Er« scheint das aufgezeigte Sujet ideal für »Braun und Er«.