Berlinale VII
Berlinale und Dokumentarfilm VII
Der sudanesische Dokumentarfilm »Talking about Trees« von Suhaib Gasmelbari gewann den mit 50.000 € dotieren Glashütte Original Dokumentzarfilmpreis. Weitere Dokumentarfilme konnten bei den Preisen punkten. Kay Hoffmann mit seinem Abschlussbericht der diesjährigen Berlinale.
Rund ein Drittel des Berlinale-Programms waren Dokumentarfilme aus der ganzen Welt. Entsprechend breit waren die Themen und Stile. 17 Filme aus allen Sektionen – außer dem Wettbewerb – waren diesmal nominiert für Glashütte Original Dokumentarfilmpreis. Er ist mit einer Preissumme von 50.000 € einer der bestdotierten Preise im dokumentarischen Bereich. Die dreiköpfige Jury mit Maria Bonsanti, Gregory Nava und Maria Ramos zeichnete am Ende »Talking about Trees« von Suhaib Gasmelbari damit aus. Es ist ein würdiger Preisträger und erzählt über die Vision von vier würdig gealterten Filmregisseuren im Sudan, die ein Kino eröffnen wollen. Der charmante, ruhig erzählte Film erzählt dabei ebenso von der Geschichte und Entwicklung des Kinos im Sudan als auch über die politische Situation. Die aktuellen Machthaber haben nicht viel für Film übrig. Entsprechend schwierig war die Produktion. Es ist richtig, solch ein Engagement zu würdigen und den Filmemacher zu unterstützen. Er wurde auch mit dem Publikumspreis der Panorama-Zuschauer ausgezeichnet.
Von der internationalen Kurzfilmjury wurde der Dokumentarfilm »Blue Boy« von Manuel Abramovich mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet. In der Blue Boy Bar in Berlin treffen sich junge Männer aus Osteuropa, die von ihrer Arbeit als Sexarbeiter erzählen. Den mit 20.000 € dotierten Audi Short Film Award gewannen Bárbara Wagner und Benjamin de Burca für »Rise«. Eine Gruppe junger farbiger Künstlerinnen und Künstler performt in einem Akt der Selbstermächtigung in der U-Bahn von Toronto. Eine Lobende Erwähnung erhielt hier Varun Sasindran für „Omarska“. In dem Film versucht sie aus verschiedenen Archivmaterialien und Aussagen von Überlebenden eine virtuelle Gedenkstätte für die Opfer des Bosnienkrieges zu schaffen.
Von der Ökumenischen Jury erhielt »Erde« von Nicholas Geyrhalter ihren Preis in der Forum Sektion. Er bleibt sich darin treu und erzählt in großen Bildern von der Zerstörung der Welt an sieben Orten. Die Jury des Teddy Award entschied sich für »Lemebel« von Joanna Reposi Garibaldi als besten Dokumentar-/Essayfilm im Panorama. Sie porträtiert darin einen der wichtigsten und provokantesten Künstler Südamerikas.
Thomas Heise dürfte sich über den Caligari-Preis für seinen Dokumentarfilm »Heimat ist ein Raum aus Zeit« freuen. Er zeichnet darin seine Familiengeschichte nach über rund hundert Jahre. Es wird ein eindringliches Porträt, das weit über seine Familie hinausreicht und ein Stück deutsche Zeitgeschichte erzählt. »Espero tua (re)volta« von Eliza Capai über die Schülerproteste in Brasilien wurde sowohl mit dem Friedensfilmpreis als auch dem Amnesty International Filmpreis ausgezeichnet.
Der Heiner-Carow-Preis ging an Annekatrin Hendel für ihren Dokumentarfilm »Schönheit & Vergänglichkeit«. So begibt sich dabei auf eine Spurensuche, was aus den Punks geworden ist, die der Fotograf Sven Marquardt vor über 30 Jahren in Ostberlin fotografiert hat. Den Kompass-Perspektive-Preis konnte Maryam Zaree für »Born in Evin« sichern. Sie begibt sich auf eine Spurensuche ihrer Familie und die Umstände, warum sie in einem der berüchtigsten Gefängnisse der Welt geboren wurde.
Es war wieder ein spannender Jahrgang mit vielen Anregungen. Die Vorführungen waren extrem gut besucht, egal wann man in die Kinos gegangen ist. Auf Festivals finden Dokumentarfilme als noch ihr Publikum und stoßen auf Interesse.
Titelfoto: Szene aus »Talking about Trees« | Foto: Agat Films