In dem aktuellen Dokumentarfilm von Douglas Wolfsperger geht es um das Ende des Programmkinos Scala in Konstanz. Es war eines der wichtigen Programmkinos in Deutschland und prägte mit seinem engagierten Programm nicht nur den in Konstanz aufgewachsenen Regisseur, sondern ganze Generationen von Kinobesuchern.
Nun wurde in dem Gebäude die fünfte Filiale der dm-Drogerie eröffnet, die Dank der zahlfreudigen Kundschaft aus der benachbarten Schweiz floriert. Viele der Akteure wie der Investor, der Kinobetreiber, der Vermieter und auch der Drogeriebesitzer wollten sich nicht vor der Kamera äußern bzw. zogen ihr Einverständnis für die Verwendung der schon geführten Interviews zurück. So bleibt es dem Oberbürgermeister Uli Burchardt überlassen, den Wechsel vom Programmkino zum Drogeriemarkt mit der ökonomischen Entwicklung zu erklären. Er hat kein Interesse, das Kulturjuwel aus Gründen der Belebung der Innenstadt und als kulturellen Ort zu erhalten. Ihm entgegen stehen die Stellungnahmen vieler Stammgäste des Kinos – auch aus der Schweiz –, die Protestbewegung der Bürgerinnen und Bürger und Menschen wie die Schauspielerin Eva Mattes, die dem Kino verbunden waren.
Konstanz steht nicht allein, wie Wolfsperger schon im Vorspann zeigt, wo er Fotos verschiedener Programmkinos in Deutschland zeigt. Es gibt weitere Beispiele wie das Arsenal in Tübingen, das zwischen den Interessen an der Immobilie in bester Innenstadtlage und zurückgehenden Einnahmen aus dem Kinobetrieb aufgerieben werden. Denn 2018 war ein katastrophales Jahr für Kinobetreiber, da insbesondere in Multiplexen und Erstaufführungen der Besuch stark einbrach und auch Programmkinos nicht verschont blieben. Deshalb gab es diesmal nicht nur ein Filmgespräch mit dem Regisseur, sondern eine größere Diskussionsrunde. Daran nahmen neben Douglas Wolfsperger der Geschäftsführer der MFG-Filmförderung Baden-Württemberg Prof. Carl Bergengruen, Horst Fischer von der Architektenkammer BW Kammergruppe Ludwigsburg und Kay Hoffmann statt. Sie diskutieren sowohl den Film als auch Fragen der Stadtentwicklung und der Zukunft des Kinos. Bergengruen machte deutlich, dass es im Südwesten eine sehr gesunde Kinostruktur auch in der Fläche gibt. Die MFG unterstütze sie zum einen mit Innovationsdarlehen für Renovierung und technische Aufrüstung. Zum anderen gibt es Kino-Programmpreise für engagierte Programmkinos, die im vergangenen Jahr noch einmal um 50% aufgestockt wurden wegen der sinkenden Besucherzahlen. Vor allem das jugendliche Publikum, das Jahrzehnte die Basis des Kinoumsatzes bildete, gehe den Kinos zunehmend verloren. Im Fall Konstanz hätte die MFG nicht helfen können, da der Kinobetreiber nicht an sie herangetreten sei. Er betreibt das Multiplex in der Stadt und aus seiner Sicht ist das Scala mit drei Sälen nur umgezogen in einen Saal des Multiplex. Etwas profitiert hat das Kommunale Kino Zebra, jedoch ist ein großer Teil des Scala-Publikums dem Kino verloren gegangen. Dies verschärft die Krise.
In Ludwigsburg sieht die Situation mit den Kinobetreibern Claus Wollenschläger und Kinokult etwas anders aus. Der Stadt sei die Bedeutung des Kinos für die Stadtkultur klar. Deshalb wurde das Ludwigsburger Scala von der städtischen Wohnungsbau übernommen und aufwändig restauriert und technisch auf den heutigen Stand gebracht, denn diese Location sei wichtig für die Innenstadt. Architekten seien manchmal auch in einer misslichen Lage zwischen einem neuen Auftrag für einen Neubau und der Erhaltung eines etablierten Ortes. Hier sei die Politik gefordert, die Stadtentwicklung mit Bausatzungen und Bebauungsplänen zu steuern. Dies passiere in Ludwigsburg, indem man beispielsweise versuche, Leerstände in Einkaufsstraßen zu verhindern und Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln. Ein anderes Beispiel sei das Marstallcenter, wo es gelungen sei, das Einkaufszentrum wiederzubeleben. Es wurde deutlich, dass es eine große Herausforderung ist, bei der Veränderung der Gesellschaft und ihrer Mediennutzung eine blühende Kinokultur zu erhalten. Denn ein Programmkino gehört zur urbanen Lebensqualität, deren Verlust eine Kinobesucherin ausdrücklich bedauert.
Douglas Wolfsperger machte deutlich, dass die Umwandlung des Scala in einen Drogeriemarkt noch nicht festgestanden habe, als er mit den Dreharbeiten begann. Damals hätte es auch anders ausgehen können. Es ist ein sehr persönlicher Film, den er überwiegend mit Eigenmitteln finanziert hat. Deshalb hat er noch Schulden und einen Klingenbeutel herumgehen lassen, was vom Publikum amüsiert zur Kenntnis genommen wurde.