DOK Premiere »Sunset over Hollywood«
Wieder sehr gut besucht – auch Dank der Einladungen von Piffl-Verleih – war die DOK Premiere von Uli Gaulkes neuem Dokumentarfilm. Viele verließen das Caligari Kino mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Im Mittelpunkt des unterhaltsamen Films steht ein Altenheim für Filmschaffende in Hollywood, es ist zugleich sein Tribut an die Traumfabrik und alte Meister. Er bedankte sich ausdrücklich bei der MFG Filmförderung, die den Film früh unterstützt hätten und bei seinem Tonstudio aus Ludwigsburg.
Dass die Dreharbeiten nicht immer ganz einfach waren, offenbarte er im angeregten Filmgespräch im Anschluss an die Vorführung. So dauerte es sehr lange, bis er überhaupt eine Drehgenehmigung für das »Motion Pictures & Television Country House« bekam. Und dann meinte die Chefin des hauseigenen Senders 22 ihn und sein Team kontrollieren zu müssen. Vor allem hatten sie etwas unterschiedliche Vorstellungen, wie ein Dokumentarfilm hergestellt werden sollte. Sie war Anhängerin des Direct Cinema, die Beobachtung ohne auch nur den kleinsten Eingriff. Denn sie selbst führt die Interviews mit neuen Bewohnern, was sie in ihrem Leben alles realisiert und an welchen Produktionen sie beteiligt waren. Gaulke liebt eher den Stil des Cinéma Veritée, bestimmte Situationen zu provozieren und dann zu sehen, was passiert. Da sie nicht nur an dem einen Ort drehen wollten, hatte er mit seinem langjährigen Kameramann Axel Schneppat die originelle Idee, nachts sozusagen mit den Träumen durch Los Angeles zu cruisen und die Klassiker in die Rückscheibe ihrer amerikanischen Limousine zu projizieren. Die Rechtklärung an diesen Klassikern wurde an amerikanische Rechtsanwälte delegiert, die sich auf Fair Use spezialisiert haben und akzeptable Lösungen mit den Studios aushandelten. Als weiteres Stilmittel ihres visuellen Konzeptes kam das fantastische Licht in Kalifornien hinzu, das sie für die Interviews im Freien nutzten.
Besonders beeindruckend ist die Kreativität der Residents, was in dem Schreib-Workshop zum Ausdruck kommt. Sie schreiben an Drehbüchern, Exposés oder auch ihren Memoiren. So beschäftigen sie sich mit ihrem Leben und diskutieren mit den übrigen darüber. Jerry Sedley Kaufmann hat immer zwei bis drei Projekten gleichzeitig und realisiert den Kurzfilm über die wahre Geschichte des Weihnachtsmanns. Fortsetzungen von »Casablanca«, wie sie im Workshop entwickelt wurden, ließen sich jedoch nicht realisieren. So bleibt es bei der Würdigung zu Beginn in Schwarzweiß im 4:3-Format, die dann aufblendet in Cinemascope. Die Bewohner werden mit dem Workshop motiviert, aktiv zu bleiben. Dies könnte eine Anregung für die Heime hier sein, bei denen die Bewohner oft eher allein gelassen werden. Gaulke konzentriert sich auf die Senioren und man erfährt weder, wie man an einen der begehrten Plätze kommt noch wie das Heim sich finanziert. Es ist auf jeden Fall eine privilegierte weiße Schicht, auch wenn man den einen oder anderen unterstützt, der es sich sonst nicht leisten könnte. Der VIP-Bereich dürfte nicht gedreht werden, aber natürlich wird gerne erwähnt, welche prominenten Schauspieler wie Jodie Forster, Kirk Douglas oder George Glooney das Heim fördern.
Für Gaulke ist es sein zweiter Film zur Lichtspielkunst. In seiner Liebeserklärung »Comrades in Dreams – Leinwandfieber« stellte er Kinobetreiber in Afrika, Korea, Indien und den USA vor. Und es war keineswegs das erste Projekt über Senioren. In »As Times goes by in Shanghai« porträtierte er die älteste Jazzband der Welt und war damit auch schon bei einer DOK Premiere zu Gast. Im Moment dreht er an seinem neuen Film »Century of Women« über eine Reihe von wegweisenden Seniorinnen um die 100 Jahre. Dafür fliegt er demnächst nach Kuba, wo auch sein mit der Lola ausgezeichneter Abschlussfilm »Havanna, mi amor« entstand. Im kommenden Jahr übernimmt Gaulke eine Filmprofessur für Dokumentarfilm in Hongkong. Bei dem Filmgespräch konnten sich alle von seiner Lebendigkeit überzeugen und von seiner Offenheit, auch schwierige Aspekte offen anzusprechen. Der Film »Sunset over Hollywood« ist gerade im Kino gestartet und läuft auch in Ludwigsburg sowohl in der Originalfassung mit deutschem Untertitel (Caligari), als auch in deutscher Fassung (Luna). Von dieser Fassung, die mit alten DEFA-Schauspielern synchronisiert wurde, ist Gaulke übrigens sehr begeistert.
Hier ist ein Interview von Wolfram Hannemann mit Uli Gaulke