Bild eines Mannes mit Helm

»Erde« von Nikolaus Geyrhalter

Mehrere Milliarden Tonnen Erde werden durch Menschen jährlich bewegt – mit Schaufeln, Baggern oder Dynamit. In seinem neuen Dokumentarfilm beobachtet der Österreicher Nikolaus Geyrhalter in Minen, Steinbrüchen, Großbaustellen Menschen bei ihrem ständigen Kampf, sich den blauen Planeten anzueignen. Der Mensch ist zum entscheidenden Faktor für die fundamentalen Veränderungen der Erde geworden. 

In sieben Kapiteln führt Nikolaus Geyrhalter an Stätten des Tage- und des Tiefbaus in Europa und Nordamerika, die sonst nur schwer zugänglich sind. Am Brenner wird ein Basistunnel durch den Berg getrieben, um die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt zu ermöglichen. Um die weltweite Nachfrage zu stillen werden in den Marmorsteinbrüchen im italienischen Carrara heute hundert Mal mehr Blöcke abgetragen als noch vor dreißig Jahren. Im ehemaligen Salzbergwerk im deutschen Wolfenbüttel wiederum ist man darum bemüht, größtmöglichen Stabilität zu bewahren, damit – bis ein neues Endlager gefunden wird – der dort gelagerte Atommüll keine weiteren Schäden verursachen kann. Der Film zeigt Baustellen und Tagebaugebiete, die durch unermüdliche Umwälzungen von immensem Ausmaß offene Wunden in der Erdkruste zurücklassen: im Braunkohletagebau im ungarischen Gyöngyös inmitten eines prähistorischen Sumpfzedernwaldes, in den Kupferminen am spanischen Rio Tinto, wo seit dem Römischen Reich Metall abgebaut wird, inmitten der Ölsande im kanadischen Alberta auf dem Gebiet einer First Nation oder auf einer Riesenbaustelle im kalifornischen San Fernando Valley, wo Berge geschliffen werden, um leicht zu bebauende Grundstücke für neue Städte zu schaffen. 

Geyrhalter ist bekannt für seinen speziellen visuellen Stil mit festen, weiten und atemberaubenden Bildern, die er in der Regel selbst aufgenommen hat und in denen die Zuschauer ihre Entdeckungen machen können. Er denkt in Bildern und dies gibt seinen Filmen ihre Kraft. Diesmal geht es um die Zerstörung der Natur. Aber er lässt auch die Menschen zu Wort kommen, die damit ihr Geld verdienen. Es wird deutlich, dass ihnen die Konsequenzen ihres Handels und der kapitalistischen Ausbeutung oft durchaus bewusst sind. Sie argumentieren sehr reflektiert und doch beteiligen sie sich aktiv an der Zerstörung. Dieser Zwiespalt und die Widersprüchlichkeit sind vielleicht typisch für unsere Zeit. Man weiß vieles und handelt doch ganz anders. Ein sehenswerter Monumentalfilm der ganz anderen Art.

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