Wer gewinnt, wer verliert? Dokus zur Fußball-WM in Katar
Katar und die FIFA stehen aktuell vor allem wegen der Fußball-WM 2022 in der Kritik. Zündstoff liefern u. a. die desaströsen Lebens- und Arbeitsbedingungen von Migrant:innen im Gastgeberland sowie die dortige Auslegung von LGBTQ- und sonstigen Menschenrechtsfragen.
Die Redaktion vom Haus des Dokumentarfilms stellt eine Auswahl von investigativen Fernsehproduktionen zu den Hintergründen vor.
14.11.22, 22:50 Uhr, ARD: „Die Story im Ersten: WM der Lügen – Wie FIFA Katar schönredet“
„WM der Lügen – Wie FIFA Katar schönredet“ von Philipp Sohmer und Ramin Sina wirft einen Blick hinter die Kulissen der ab dem 20.11.22 stattfindenden Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. FIFA-Big Boss Gianni Infantino hält Lobeshymnen auf den WM-Ausrichter. Doch unter der Aufsicht des Arbeitgebers Katar sterben tausende ausländische Arbeitskräfte. Ökologisch höchst fragwürdig ist auch der Bau von über 100 Fußballstadien mit grünen Rasenflächen – in einem der wasserärmsten Länder der Welt. Die Doku zeigt, wie leer die Versprechungen Katars angesichts des Mega-Fußball-Events wirklich sind und fragt: Wohin hat die WM die katarische Gesellschaft wirklich gebracht?
„WM der Lügen – Wie FIFA Katar schönredet“ ist Teil des ARD Themenabends mit Reportagen, Dokus und Talks. Am 14.11.2022 zeigt der Sender zudem die Reportage „Thomas Hitzlsperger: Katar – warum nur?“ um 20.15 Uhr. Thomas Hitzelsperger wird darüber hinaus um 21 Uhr bei „Hart aber Fair“ neben anderen Gästen über das Thema sprechen. Um 23.20 Uhr sendet die ARD „Infantinos Friseur – Leo Marchetti und die FIFA Milliarden“ von und mit Olli Dittrich. Alle Produktionen sind bereits ab dem 13.11.22 in der ARD Mediathek verfügbar.
15.11.2022, 22:25 Uhr, 3sat: „Geheimes Katar – Geschäftssinn, Gas und Größenwahn“
Seit der Entdeckung der Öl- und Gasvorkommen hat sich Katar zu einem reichen Wüstenstaat entwickelt. Mittlerweile steht das Land als Global Player neben anderen Großmächten. Machthaber des Landes ist die Königsfamilie Al-Thani. Die Herrscher-Dynastie hat maßgeblich dazu beigetragen, das Land an die Spitze der Weltpolitik zu befördern. Durch die weltweit hohe Nachfrage nach Öl und Gas wird das Emirat immer reicher: Inzwischen ist der Staat weltgrößter Exporteur von Erdgas. Doch für viele Nachbarländern ist der große Einfluss Katars ein Dorn im Auge. 2017 verhängen Saudi-Arabien und seine Verbündeten Ägypten, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate ein Embargo gegen das Emirat. Die Doku „Geheimes Katar – Geschäftssinn, Gas und Größenwahn“ fragt danach, wie die politischen und ökonomischen Beziehungen zu anderen Ländern, zum Beispiel zu Deutschland, aussehen. Darüber sprechen die Autor:innen u. a. mit dem ehemaligen Außen- und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel.
Ein weiterer Aspekt ist die Situation der ausländischen Arbeiter:innen, die seit der Entdeckung von Öl- und Gasvorkommen größter und umstrittenster Motor des Erfolgs von Katar sind. Über die schlechten Beschäftigungsverhältnisse berichten Amnesty International und die International Labour Organization (ILO). Sie kommen zum Schluss, dass das vorherrschende Kafala-System* die ausländischen Werktätigen zu Leibeigenen macht. Die ZDF-Doku „Geheimes Katar – Geschäftssinn, Gas und Größenwahn” berichtet in insgesamt sieben Kapiteln über die Geschichte der Familiendynastie sowie über politische und wirtschaftliche Strukturen des Landes.
Die Dokumentation wird im ZDF und auf ZDFinfo wiederholt und ist bereits jetzt in der Mediathek abrufbar.
17.11.2022, 20.15 Uhr, ZDFinfo: „Die Skandal-WM – Wie Katar den Fußball kauft”
Obwohl vieles dagegenspricht, wird Katar im Dezember 2010 zum Ausrichter der Fußball-WM 2022 bestimmt. Die Welt ist verblüfft: Das Land hat keinerlei Verbindung zum Fußball, besitzt eine schlechte Infrastruktur und besonders schwer wiegt die verheerende Menschenrechtslage. „Die Skandal-WM – Wie Katar den Fußball kauft“ fragt, wer für so eine Weltmeisterschaft stimmen kann, die das Leben von Millionen Menschen, wie das der Gastarbeiter:innen, Fans und Spielern gefährdet. Gerüchte über Geheimabsprachen und intransparente Auftragsvergaben werden laut. Die Doku zeigt, wie akribisch der autokratische Golfstaat vorging, um die Fußball-WM ins eigene Land zu holen. Das Fernsehteam erhält Zugang zu vertraulichen Dokumenten und kommt außerdem geheimen Finanzvereinbarungen zwischen dem Emirat und internationalen Unternehmen auf die Spur.
29.11.22, 20.15 Uhr, ARTE: „Katar – Gas und Spiele“ (Erstausstrahlung)
Der Dokumentarfilm „Katar – Gas und Spiele“ zeichnet die Geschichte des Wüstenkönigreichs anhand dreier Generationen der katarischen Herrscherdynastie der Al-Thanis nach. Ausgehend von Großvater Chalifa, der der Entdeckung der Öl- und Gasvorkommen misstrauisch gegenüberstand und mittels Diplomatie die Unabhängigkeit für sein Land erzielte. Über seinen Sohn Hamad, der alles daransetzte, die Fußball-WM ins eigene Land zu holen. Bis hin zu Enkel Tamim, der nun verantwortlich dafür ist, die diplomatischen Beziehungen zwischen seinem Staat und den Nachbarländern zu beruhigen.
Der Film zeigt den rasanten Aufstieg des Landes, die aggressive Diplomatie, die Katar im Sport betreibt, seine Rolle im Arabischen Frühling sowie die Ausbeutung der Arbeitskräfte aus Afrika und Asien. „Katar – Gas und Spiele“ thematisiert darüber hinaus auch den Zwiespalt Katars, das zwischen westlicher Lebensweise und Beduinen-Tradition hin und her pendelt. In Bezug auf die höchst umstrittene Fußball-Weltmeisterschaft berichtet der Film aus der Innenperspektive des Landes heraus.
*Das Kafala-System dient nicht nur in Katar, sondern auch in anderen Golfstaaten zur Kontrolle großer Migrantengruppen und größeren Populationen, die in das Land kommen, um dort zu arbeiten. Die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis einer ausländischen Arbeitskraft ist oft an ein einziges Individuum oder eine einzige Körperschaft gekoppelt. Die Einreise sowie das Recht im Land zu leben und zu arbeiten werden vom Arbeitgeber kontrolliert. Problematisch sind die schlechten Beschäftigungsverhältnisse: Niedrige Löhne, bei großer Hitze zu arbeiten und in Sammelunterkünften oder Arbeitslagern hausen zu müssen. Zwar gibt es Arbeitsgesetze, die Mindeststandards für Arbeitszeiten, Ruhezeiten, Ansprüche und Löhne vorsieht, diese jedoch häufig nicht eingehalten werden. Halten sich die Arbeitgeber nicht an diese Mindeststandards, werden sie dafür kaum oder gar nicht zur Rechenschaft gezogen. Auch können es sich Arbeitnehmer:innen oft nicht leisten dagegen vorzugehen. Katar behauptet, seit 2014 habe der Staat das Kafala-System abgeschafft. Hierbei handelte es sich zunächst jedoch nur um eine bloße Namensänderung. Jedoch wurden dann die Bedingungen für einen Arbeitsplatzwechsel partiell gelockert.