Vom 6. bis 12.11.22 bietet die ARD-Themenwoche „WIR GESUCHT – Was hält uns zusammen?“ interaktive Angebote wie den ARD-Dialogtag sowie Filme, Reportagen und Doku-Formate. Die Redaktion vom Haus des Dokumentarfilms legt besonderes Augenmerk auf letztere.
„Wir rücken Menschen und deren Projekte in den Mittelpunkt, die aktiv zum Zusammenhalt in der Gesellschaft – dem ‚WIR‘ – beitragen“, sagt SWR-Intendant Kai Gniffke. Und Florian Hager, Intendant des HR, ergänzt: „Dieses Jahr hat sie durch die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen noch einmal an Aktualität und damit an Relevanz gewonnen.“ Beide Sender haben gemeinsam die Federführung bei der ARD-Themenwoche, die neben den linearen Ausspielwegen von Hörfunk und Fernsehen sämtlicher ARD-Sender auch Mediatheken und andere digitale Plattformen bespielt.
„Meine Wunderkammern“ setzt auf kindliche Fantasie (6.11., 14:30 Uhr, KiKa)
Im Kinderdokumentarfilm „Meine Wunderkammern“ von Susanne nehmen vier Kinder zwischen zwölf und 14 Jahren die Zuschauenden mit in ihre eigene Welt. Denn „wenn Kindheit ein Ort ist, wo befindet er sich und wie fühlt man sich dort?“ Bunt und fantasievoll regen die teils surreal anmutenden Bilder auch Erwachsene zum Nachdenken an, wie Stefanie Roloff für dokumentarfilm.info in ihrer Premierenkritik schreibt (Kinostart war im November 2021). Der Film reflektiert ihrer Meinung nach „darüber, was Kindheit in der heutigen Zeit bedeutet – und wie ihr Mysterium in einer Umgebung, die auf Funktion ausgerichtet ist, erhalten werden kann.“
„Wenn wir erst tanzen“: Leben in Bewegung (6.11., 23:50 Uhr, MDR)
In einer Zeit, in der immer mehr Menschen Hoyerswerda verlassen, kommt Ballett-Tänzer, Choreograf und Regisseur Dirk Lienig in seine alte Heimat zurück und initiiert das Projekt „Eine Stadt tanzt“. Zur Partizipation sind alle eingeladen – von der Architektin bis zum Fernfahrer, von Jung bis Alt. Es sind Menschen, die nicht selten Biografien mit Brüchen aufweisen und ihren Platz in der Gesellschaft gerade neu bestimmen müssen. Sie erarbeiten zur Musik von Igor Strawinskys „Le Sacre du Printemps“ gemeinsam eine Choreografie.
„Wenn wir erst tanzen“ (Regie: Dirk Lienig, Dirk Heth und Olaf Winkler) ist ein persönliches Protokoll über den Probenprozesses dieser ungewöhnlichen Tanzcompagnie, der gleichermaßen Leben in Bewegung bringt und Bewegungen mit Leben füllt.
Dokumentation fragt „Wie geht WIR?“ (7.11., 20:15 Uhr, ARD)
„WIR GESUCHT – das Projekt“ beleuchtet am Montag, den 7.11.22, jene, die Lösungen für gesellschaftliche Konflikte suchen und vor allem finden. Bereits seit September können sich alle Interessierten an einer interaktiven Deutschlandkarte beteiligen. Ihre Geschichten stehen am Thementag auf den Kanälen und Plattformen der ARD im Fokus.
Zur Primetime ab 20:15 Uhr läuft die Doku „Wie geht Wir? Experiment am Berg“, die sechs Menschen ohne Bergerfahrung beim vielleicht größten Abenteuer ihres Lebens begleitet – sie wollen das 4017 Meter hohe Weissmies in den Walliser Alpen besteigen. Das geht nur, wenn alle zusammenarbeiten und sich gegenseitig Vertrauen schenken.
„Und ihr schaut zu“: Fernsehfilm plus Doku (9.11., 20:15 Uhr + 21:45 Uhr, ARD)
Auf den ARD-Dialogtag am 8.11.2022, bei dem sich u. a. Tagesthemen-Moderatorin Aline Abboud, Fernsehjournalist Thomas Reutter sowie SWR-Intendant Kai Gniffke der (digitalen) Diskussion mit interessierten Bürger:innen stellen, folgt am Mittwoch, den 9.11.22, ein starkes Doppel aus Fernsehfilm und Dokumentation.
„Und ihr schaut zu“ (Regie: Michaela Kezele) basiert auf realen Ereignissen: Anja Schneider spielt eine Mutter, die nach dem Unfalltod ihrer Tochter im Internet mit den schrecklichen Aufnahmen Schaulustiger konfrontiert wird und daran in ihrer Trauer und Wut fast zerbricht. Sie konfrontiert einige der Sensationslustigen, die lieber filmen und fotografieren anstatt zu helfen, versucht sie gar vor Gericht zu bringen. Doch niemand scheint sich der eigenen Schuld bewusst zu sein.
Direkt im Anschluss, ab 21:45 Uhr, beleuchtet die Dokumentation „Filmen ohne Gnade“ von Kai Diezemann, wie Menschen in Notsituationen als Motiv für „Smartphone-Gaffer“ herhalten müssen. Sie fragt: „Woher kommt sie, die Lust am Leid der anderen? Und: wie gehen Einsatzkräfte vor Ort mit dieser neuen Situation um?“
TV-Premiere: „Walchensee forever“ (9.11., 22:45 Uhr, BR)
„Walchensee forever“ kann man guten Gewissens als Festivalliebling bezeichnen. Der Dokumentarfilm von Janna Ji Wonders und Nico Woche gewann u. a. die Publikumspreise beim Fünf Seen Filmfestival 2020 und dem exground filmfest 2020 in Wiesbaden, wurde mit dem Kompass-Perspektive-Preis bei der Berlinale 2020 ausgezeichnet und verbuchte erst kürzlich den Edimotion Bild-Kunst-Preis 2022 für den besten Schnitt in der Kategorie Dokumentarfilm (Editorin: Anja Pohl) für sich.
„Walchensee forever“ erzählt die Geschichte einer deutschen Familie über fünf Generationen – aus der Sicht der Frauen. Er stellt Fragen nach Identität, Heimat und Selbstverwirklichung, führt vom Familiencafé am beschaulichen Walchensee in die große weite Welt, u. a. nach Mexiko und die USA, und schließlich wieder zurück nach Bayern. Die Produktion von Flare Film feiert im BR seine deutsche Fernseh-Premiere.
Junger Dokumentarfilm: „Kratzer im Lack“ (10.11., 23:30 Uhr, SWR)
In der Reihe „Junger Dokumentarfilm“ wird am 10.11.22 „Kratzer im Lack – Über die Spaltung der Belegschaft“ von Anna Stradinger gezeigt, der exemplarisch für viele Konflikte in der Arbeitswelt einen Blick auf die Automobilindustrie Stuttgarts wirft. Zu sehen sind Beschäftigte mit ihren Sorgen und Hoffnungen, Vertreter:innen der IG Metall, denen man vorwirft der „verlängerte Arm des Managements“ zu sein, sowie Personen des alternativen rechten Arbeitnehmervereins „das Zentrum“. Die Absolventin der Filmakademie Baden-Württemberg gibt ihnen allen eine Stimme und versucht zu verstehen, wer hier wessen Interessen vertritt.
„Kratzer im Lack – Über die Spaltung der Belegschaft“ ist eine Produktion von Eikon Media, der Filmakademie Baden-Württemberg und dem SWR für die Reihe Junger Dokumentarfilm in Zusammenarbeit mit der MFG Filmförderung Baden-Württemberg. Die Redaktion hatte Marcus Vetter vom SWR.
In der Mediathek: „Als Mutti in den Westen ging“
Der MDR steuert in der Mediathek überdies die Doku „Als Mutti in den Westen ging“ von Adrian-Basil Mueller bei, die sowohl als 45-Minüter als auch als 4-teilige Reihe (ab dem 6.11.22) online verfügbar ist. Sie zeigt, wie hunderte Kinder nach dem Mauerfall von ihren Eltern in der ehemaligen DDR zurückgelassen wurden.
Während ihre Mütter und Väter das Glück im Westen suchen, bedeutet das für die Kinder oftmals großes seelisches Leid. Sie kommen beispielsweise unvermittelt ins Kinderheim Makarenko in Berlin-Treptow, das seinerzeit als eine Art Auffangstation dient. Das verursacht Wunden, die auch Jahrzehnte später noch nicht verheilt sind.
Das gesamte Programm der ARD-Themenwoche „WIR GESUCHT – Was hält uns zusammen?“ ist auf der Seite themenwoche.ard.de zu finden