Am 27.02.2020 lud die AG DOK im Rahmen der Berlinale zur Verabschiedung ihres bisherigen Vorstandes, Thomas Frickel. Im selben Zug feierte sie ihr 40. Jubiläum.
Im Mittelpunkt der Jubiläumsfeier stand Thomas Frickel, der 34 Jahre Vorsitzender dieses größten Filmberufsverbandes war. Diese Ära ist nun vorbei, da er sich nicht mehr zur Wahl gestellt hat. Es war eine bewusste Entscheidung von ihm, die er schon vor fünf Jahren gefällt hatte. Der Jubiläumsempfang wurde von Daniel Sponsel, dem Festivalleiter Dokfest München moderiert.
Grütters: Größte Nervensäge im öffentlich-rechtlichen System
Die Staatsministerin Prof. Monika Grütters lobte Frickels Engagement für den Dokumentarfilm, das einmalig sei. Sie zitierte aus einem Porträt über ihn: Frickel sei die größte Nervensäge im öffentlich-rechtlichen System. Sie verstehe dies als ein Lob, denn er habe die Interessen seines Verbandes stets massiv vertreten, gerade gegenüber den Fernsehsendern. Dies sei auch notwendig, denn der Dokumentarfilm erhalte noch keineswegs die Beachtung, die er verdiene.
Dieses Genre erfülle eine immanent wichtige Funktion für die Demokratie, gerade in politisch so unruhigen Zeiten wie diesen. Deshalb habe sie die kulturelle Filmförderung im BKM aufgestockt und für Stoffentwicklung und Marketing sollen die Mittel für Dokfilme erhöht werden. Erneut sprach sie sich für bessere Sendeplätze für den Dokumentarfilm im Fernsehen aus.
Thomas Frickel verabschiedet sich mit einem Lächeln.
Naumann: Dokfilm muss im Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit stehen
Diesem Lob für sein Engagement stimmte FFA-Präsident Prof. Bernd Neumann zu. Auch er erinnerte sich an einige Initiativen, die Frickel im Verwaltungsrat der FFA angestoßen habe. Dort habe er ab 1999 die AG DOK vertreten. Fünf Jahre später wären weitere Kreative aus den Bereichen Regie, Drehbuch und Kurzfilm hinzugekommen.
Er könne ein Quälgeist sein, aber auch wichtige Impulse setzen. Seine Wortmeldungen seien häufig gewesen und nicht immer bequem. Aber dies sei wichtig, um Interesse an diesem Genre zu wecken. Denn schließlich habe eine Studie der AG DOK gezeigt, dass die ARD nur 0,78% ihres Gesamtbudgets für Dokumentarfilme ausgebe. Dies entspreche nicht ihrem öffentlichen Auftrag und dies könnte man in keiner Weise akzeptieren. Gerade der Dokumentarfilm müsse im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen.
Wille: Dokfilme können Augen öffnen
In einer Videobotschaft betonte die ARD-Film-Intendantin Prof. Karola Wille die gesellschaftliche Bedeutung von Dokumentarfilmen. Die Arbeit der AG DOK sei klar mit Thomas Frickel verbunden. Er habe sich immer für die Belange der Autorinnen und Autoren im Dokfilm stark gemacht. Sie bedankte ich für seine Streitbarkeit, denn häufig seien sie unterschiedlicher Meinung gewesen. Sie erinnerte sich an einige kontroverse Diskussionen mit Thomas Frickel. Aber Dokumentarfilme hätten einen unschätzbaren Wert: sie können Augen öffnen.
Frickel: Eine kleine Geschichte der AG DOK
Thomas Frickel zeichnete kurz die Geschichte des Verbandes nach, der von ursprünglich 80 Gründern auf der Duisburger Filmwoche 1980 zu einem Verband mit über 930 Mitgliedern gewachsen ist. Einige der Gründungsmitglieder wie Christoph Boekel, Christopher Hübner, Thomas Giefer, Hannes Karnick, Rainer Komers, Wolfgang Richter und Klaus Stanjek waren auf dem Empfang und wurden entsprechend geehrt.
Stück für Stück habe die AG DOK ihren Einfluss in Gremien und in der Politik erhöht. Dies seien oft Kämpfe und Auseinandersetzungen gewesen, bis man sich dort Positionen erobern konnte. Beispielsweise wurde die Berlinale unter Moritz de Hadeln verklagt, als sie mehrmals der AG DOK einen Stand auf dem Europäischen Filmmarkt verweigert hatte. Heute ist dies eine Selbstverständlichkeit mit einer eigenen Doklounge. Die AG DOK habe wichtige Studien in Auftrag gegeben, um die schwierige Lage des Dokfilms aufzuzeigen und nachzuweisen. Ob nun in Fragen des Urheberechts oder der angemessenen Vergütung, der Verband habe heute eine wichtige Stimme in der Branche.
Meerapfel: Authentizität und Wahrhaftigkeit
Die Präsidentin der Akademie der Künste Prof. Jeanine Meerapfel, selbst engagierte Filmemacherin im Spiel- und Dokumentarfilm, wies noch einmal auf die politische Bedeutung dieses Genres hin. Die AG DOK sei ein Verband mit vielen Ideen und einem politischen Engagement, das durch Authentizität und Wahrhaftigkeit geprägt ist. Der Kampf für die Sichtbarkeit dieser Filme gehe weiter.
Binninger und Bernet: »Mein liebster Feind«
Die beiden an diesem Tag nach langen Diskussionen neu gewählten Vorsitzenden Susanne Binninger und David Bernet präsentierten einen witzigen Einspieler »Mein liebster Feind«, in dem zahlreiche Vertreter*innen der Filmbranche und Weggefährt*innen ihre Eindrücke zum großen Vorsitzenden zum Besten gaben. Die größte Party, die die AG DOK jemals veranstaltet hat, endete in der Landesvertretung Baden-Württemberg mit einem außergewöhnlich leckerem Büffet – überwiegend vegetarisch.
Social Media Kampagne »Docs for Democrazy«
Bei der Mitgliederversammlung wurde von Robert Cibis und Lilian Franck (Oval Media) kurz die geplante Social Media Kampagne vorgestellt. Die AG DOK hatte dafür eine Förderung von 30.000 € bei der Filmförderungsanstalt beantragt, die im Januar bewilligt wurde. Man will dabei mit der AG Kino und dem Bundesverband der Kommunalen Kinos zusammenarbeiten. Ziel ist die öffentliche Wahrnehmung für den Dokumentarfilm zu steigern. Am 30. September 2020 ist ein spezieller Dokumentarfilm Tag in Kino geplant.
Titelbild: Monika Grütters als Laudatorin.