In der Dezember-Ausgabe der Reihe „Beyond Documentary” empfiehlt die Redaktion vom Haus des Dokumentarfilms mitreißende Dokus und Podcasts: Die Doku-Serie „Reeperbahn Spezialeinheit FD65“ sowie die Dokumentarfilme „Girl Gang” und „We are all Detroit“.
1. 5-teilige Doku-Serie „Reeperbahn Spezialeinheit FD65“ von Georg Tschurtschenthaler
Eine Frau und 40 Männer beginnen 1980 im Rotlichtmilieu in St. Pauli zu ermitteln. Die FD65 ist die erste deutsche polizeiliche Einheit, die gegen organisiertes Verbrechen vorgeht. Sie treffen auf ehemalige Kiez-Ganoven, wie Wilfrid Schulz und seinen Handlanger Dakota-Uwe . Im Fokus der Ermittlungen stehen auch die Zuhälterorganisation GMBH (Akronym der Vornamen der Gründungsmitglieder), die Nutella-Bande, die Hells Angels und die US-amerikanische Glückspielmafia. Die NDR-Doku, eine Gebrüder Beetz Produktion, zeigt unter anderem die Herausforderungen bei der Ermittlungsarbeit. Sie hält außerdem einige Wendungen im Kampf gegen das Verbrechen bereit, Wendungen die oft zu Rückschlägen für die Spezialeinheit führten.
4-teiliger NDR Podcast „Kiezkinder”
Vier Folgen à 60-90 Minuten in deutscher Sprache
Vier Menschen berichten im Podcast „Kiezkinder” über Luxus und Elend, ihre Familien, über Drogen und Zuhälterei. Zu Wort kommt Charly Carstens, Sohn von Dakota-Uwe. Er erinnert sowohl die Machenschaften seines Vaters als auch seine spätere Festnahme. Manuela Freitag berichtet über ihre Anfänge in St. Pauli und wie sie zur Prostitution kam. Die aus einem schwäbischen Dorf stammende, abenteuerhungrige Esther Lindemann wurde mit 18 die erste Streifenpolizistin an der Davidwache St. Pauli. Der deutsche Sänger, Autor und Clubbetreiber Schorsch Kamerun kam damals als Punk auf den Kiez.
„Kiezkinder“ ist ein Podcast der Gebrüder Beetz, den Machern der Doku-Serie „Reeperbahn Spezialeinheit FD65“, die im Rahmen vom DOKVILLE Branchentreff vom Haus des Dokumentarfilms im Juni 2022 vorgestellt wurde.
Kompressor-Podcast von Deutschlandfunk Kultur
10-minütiger Podcast in deutscher Sprache
Deutschlandfunk-Podcaster Max Oppel spricht mit seinem Gast, Co-Regisseur und Autor Georg Tschurtschenthaler, über die Idee zur Doku-Serie und die Verhältnisse im St. Pauli der 80er Jahre. Der Autor erzählt von der ursprünglichen Idee, dass Frauen aus der Rotlichtwelt von damals berichten sollten. Unter dem Arbeitstitel „Toxic Love“ beginnen Tschurtschenthaler und sein Team zu recherchieren. Dabei stoßen sie auf die weitestgehend vergessene Geschichte der Spezialeinheit FD65. Doch diese Geschichte erscheint erzählenswerter, denn die Polizeieinheit vernetzt sich international. Somit schaffen sie einen völlig neuen Ansatz in der Verbrechensbekämpfung der damaligen Zeit. Tschurtschenthaler holt ehemalige Beamte vor die Kamera. Er hält fest „Es gab in Deutschland ganz schön coole Bullen und das erzählen wir jetzt mal“.
2. Dokumentarfilm „Girl Gang“ von Sue Meures
Der Dokumentarfilm „Girl Gang“ startete am 20.10.22 in den deutschen Kinos. Er begleitet die 14-jährige Leonie, die bereits ein „echter“ Star ist. Die Teen-Fluencerin, auf Instagram als leoobalys bekannt, spricht tagtäglich mit und zu ihren Millionen Followern weltweit: Für sie geht es immer weiter nach oben. Große Unternehmen senden der Berlinerin ihre Produkte zu. Diese bewirbt sie auf Social Media. Und auch Leonies Eltern erkennen das Potenzial ihrer Tochter. Kurzerhand beschließen sie, das Management der 14-jährigen selbst zu übernehmen. Ihr Wunsch dabei? Dass ihre Tochter Leonie es einmal besser hat als sie. Doch welchen Preis sind sie dafür zu zahlen bereit?
„LETsDOK – der Talk zum Dokumentarfilm“ Podcast
Im LETsDOK-Podcast treffen die Hosts auf einige der großen und aufstrebenden Filmschaffenden aus der Szene. Sie sprechen mit ihnen über Fragen, die sie umtreiben: Wie nähert man sich einem sozialen Mikrokosmos mit der Kamera? Wie viel Haltung oder gar Aktivismus dürfen (oder müssen) Dokumentarfilmschaffende zeigen?
„Influencer im Arbeitsstress – Sue Meures über ihren Film ‚Girl Gang‘“
29-minütige Folge in deutscher Sprache
Über vier Jahre begleitete Regisseurin Sue Meures Leonie und ihre Familie. Diese Langzeitbeobachtung führte zum Film „Girl Gang”. Podcasterin Franzsika Walser spricht mit Sue Meures in Berlin über die Dreharbeiten. Die Regisseurin reflektiert ihre eigene Jugend und zieht den Vergleich zur Gegenwart. Interessant ist auch, wie der Dokumentarfilm zu seinem Namen kam. Meures wollte ursprünglich Leonie und ihre Freundinnen, sozusagen die „Girl Gang“, zum Thema ihrer filmischen Beobachtung machen. Sie erzählt von der Selbstdarstellung, die junge Influencer:innen bis zum Zenit treiben. Gemeinsam sprechen Meures und Walser über die Arbeit, die hinter dem Teenie-Traumberuf Influencer:in steckt.
3. Dokumentarfilm „We are all Detroit“ von Ulrike Franke und Michael Loeken
Der Dokumentarfilm „We Are All Detroit“ erzählt die Geschichte der beiden Städte Detroit und Bochum nach dem Weggang der Autoindustrie. Die Arbeitswelt hat vor allem in den letzten Jahrzehnten einen rasanten Wandel erfahren. Ulrike Franke und Michael Loeken besuchen für ihre Langzeitbeobachtung zwei Orte, die über 6000 Kilometer voneinander trennen. Doch sie eint ihr gemeinsames Schicksal. Der Film zeigt die Menschen, die in den Anfängen und während schwieriger Zeiten in der Automobilindustrie gearbeitet haben. Die Doku gibt denjenigen eine Stimme, die Opfer globaler Wirtschaftsinteressen wurden.
„We Are All Detroit“ lief im Mai 2022 als DOK Premiere vom Haus des Dokumentarfilms.
Dissens Podcast
Lukas Ondreka ist der Podcast-Host von Dissens. Außerdem arbeitet er als freier Journalist und Fotograf in Konstanz. In seinem Podcast unterhält er sich mit seinen Gesprächspartner:innen über nationale und internationale Themen aus Politik und Gesellschaft. Zu seinen Gästen gehören Autor:innen, Forscher:innen, Aktivist:innen und Politiker:innen. Einmal wöchentlich tauschen sich Ondreka und sein Gast über alles aus, was in der Gesellschaft schiefläuft und was sich ändern müsste. Dabei liefern sie aufschlussreiche und kluge Denkanstöße.
Folge 181 „‘We Are All Detroit‘: Was bleibt und was kommt nach der Autoindustrie?“
Einstündige Folge in deutscher Sprache
Seit Ende der 1990er Jahre arbeiten Ulrike Franke und Michael Loeken zusammen als Dokumentarfilm-Duo. Seit Mitte der 2000er Jahre thematisieren sie in ihren Filmen den Rückgang der Industrie im Ruhrgebiet und die damit einhergehende Identitätskrise ganzer Großstädte. Ihr gemeinsamer Film „We are all Detroit“ stellt den Abschluss ihrer Filmreihe über den globalen sowie lokalen Wandel der Arbeitswelt dar. Im Podcast sprechen sie davon, wie sie den damit verbundenen Transformationsprozessen in Identität und Gesellschaft filmisch auf die Spur kommen.