Beyond Documentary: Greta, Shlomo und „die Almans“

Im Februar 2023 stehen Podcasts zum Dokumentarfilm „Ich bin Greta“ und den Doku-Serien „Shlomo – Der Goldschmied und der Nazi“ und „#unterAlmans – migrantische Geschichte(n)“ im Fokus. Sie diskutieren die Machart der Produktionen und liefern Hintergrund-Infos.

1. Dokumentarfilm „Ich bin Greta“ von Nathan Grossmann

Filmplakat I Am Greta (2020)

Greta Thunberg startet im August 2018 einen Schulstreik fürs Klima. Mit einem Pappschild „bewaffnet“ setzt sich die damals 15-Jährige vor das schwedische Parlament. Ihre Erklärung: Wenn sich die Erwachsenen nicht um die Zukunft der nachfolgenden Generationen auf dem Erdball kümmern würden, warum sollte sie sich dann um ihre Zukunft in der Schule bemühen? Nur wenige Monate vergehen, ehe sich die Protestaktion zur weltweiten „Fridays for Future“-Bewegung entwickelt. Thunberg ist seitdem eine weltbekannte Aktivistin. Regisseur Nathan Grossman und sein Team haben die Schwedin für „Ich bin Greta“ ab Tag eins ihres Streiks begleitet.

„Ich bin Greta “ wurde 2021 mit dem Deutschen Dokumentarfilmpreis ausgezeichnet. Er ist mit 20.000 € dotiert und wird hälftig von Südwestrundfunk und der MFG Medien- und Filmgesellschaft gestiftet.

Noch bis zum 16.11.2030 in der ARD Mediathek verfügbar.

Podcast „The Culture Cast“ mit den „Good Doctors“

Das Team von Abbey Research besteht aus Dr. Kristen Donnelly und Dr. Erin Hinson. Die als „Good Doctors“ bekannten Pädagoginnen haben auf der ganzen Welt gelebt und studiert. Das hat sie mit einer Vielzahl von Identitäten, Erfahrungen und Weltanschauungen konfrontiert. Mit „The Culture Cast“ wollen die Podcasterinnen ihren Zuhörer:innen einen Raum bieten, in dem sie lernen können neue Perspektiven einzunehmen und ihre empathischen Fähigkeiten zu schulen. Für sie ist Empathie der Schlüssel für Veränderungen. Ihr Podcast-Projekt besteht aktuell aus vier Staffeln: „Gun Violence“ (1), „Climate Change“ (2), „Christian Nationalism“ (3) und „Reproductive Rights“ (4). Jede Staffel umfasst mehrere Episoden, die sich auf ein bestimmtes Thema konzentrieren. Die rund zehn Episoden der jeweiligen Staffel reichen von Buchbesprechungen über Interviews bis hin zu Diskussionen über Dokumentarfilme.

https://youtu.be/cxi_fi-G8xk

Climate Change – Episode 8: „I Am Greta“
41-minütige Episode in englischer Sprache

In Episode 8 der zweiten Staffel „Climate Change“ besprechen Kristen and Erin den Dokumentarfilm „Ich bin Greta“ (2020) über Greta Thunberg. Er zeichnet das Leben der schwedischen Umweltaktivistin und Initiatorin der „Fridays for Future“-Bewegung von den ersten Schulstreiks bis hin zur Rede auf dem UN-Klimagipfel 2019 in New York nach. Die beiden Podcasterinnen kritisieren den Film von Nathan Grossmann unter anderem für seine in ihren Augen kaum vorhandene Struktur. Er könne sich nicht entscheiden zwischen einem intimen Portrait der Aktivistin und der generellen Beleuchtung der Klimakrise. Auch Greta Thunbergs Asperger-Syndrom, eine Form von Autismus, wird von ihnen angesprochen. Sie betonen, dass sich weder das Filmteam noch die in der Produktion zu sehenden Journalist:innen durch einen informierten und dadurch angemessenen Umgang damit hervortun würden.

2. Dreiteilige Doku-Serie „Shlomo – Der Goldschmied und der Nazi“

Shlomo der Goldschmied und der Nazi

Die dreiteilige Doku-Serie über Shlomo, den Goldschmied, handelt vom Wunsch nach Gerechtigkeit, von Rache und Sühne. 1978 begegnen sich in Brasilien zwei Männer, die sich 35 Jahre zuvor das letzte Mal im Vernichtungslager Sobibor in Polen gesehen haben. Der Jude Stanisław Smzajzner, genannt Shlomo, trifft auf seinen Peiniger, SS-Lageraufseher Gustav Wagner. Dieser war aufgrund seines Sadismus und seiner Unberechenbarkeit als die „Bestie von Sobibor“ bekannt.
Er zwang Shlomo für ihn und andere Nationalsozialisten Schmuck aus dem Zahngold ermordeter Jüd:innen anzufertigen. Nach ihrer Begegnung hofft Shlomo auf Gerechtigkeit und auf eine Verurteilung Wagners. Doch der ehemalige Lageraufseher entgeht seiner gerechten Strafe. Im Oktober 1980, zwei Jahre nach ihrem Aufeinandertreffen, wird er tot aufgefunden. Hat Shlomo etwas mit dem Tod Wagners zu tun? Zwei Reporter begeben sich auf eine fesselnde historische Spurensuche.

Noch bis zum 27.01.2025 in der ARD Mediathek verfügbar.

Podcast „Shlomo – der Goldschmied und der Nazi“

Rund 250.000 Menschen wurden in Sobibor getötet. Nur wenige, darunter Shlomo Smajzner, konnten fliehen. Als er der „Bestie von Sobibor“ 36 Jahre später begegnet, steht er vor einer Entscheidung: Rache oder Sühne?

Fünf Episoden à 26-35 Minuten in deutscher Sprache

Die fünf Episoden erzählen die gemeinsame Geschichte der beiden Männer über einen Zeitraum von 35 Jahren – angefangen bei Shlomos Gefangenschaft im KZ Sobibor über sein Leben danach bis hin zum Aufeinandertreffen mit dem ehemaligen KZ-Chef-Aufseher Gustav Wagner in einer Polizeiwache in São Paulo 1978. Wagner stellte sich den Behörden nur aufgrund eines Bluffs, der vom „Nazi-Jäger“ Simon Wiesenthal und dem Journalisten Mario Chimanovitch geplant wurde. Shlomo gelingt es, Wagners Gräueltaten vor den Anwesenden zu offenbaren.

Er hofft auf dessen Verurteilung, doch diese bleibt aus. Im Podcast kommen Shlomos Weggefährt:innen zu Wort, darunter seine ehemalige Geliebte. Sie schildern ihn als ambivalente Persönlichkeit, die zwischen Lebenslust und tiefer Traurigkeit pendelt. Als Gustav Wagner zwei Jahre nach der Begegnung mit Shlomo tot in seinem Badezimmer aufgefunden wird, stellt sich die Frage: Hat Wagner sich selbst gerichtet oder wurde er umgebracht? Hat Shlomo etwas damit zu tun?

3. Fünfteilige Doku-Serie „#unterAlmans – migrantische Geschichte(n)“

Salwa Houmsi spricht in „#unterAlmans – migrantische Geschichte(n)“ mit Menschen, die in den vergangenen 70 Jahren nach Deutschland gekommen sind. Sie berichten von ihren Hoffnungen und Enttäuschungen, von Rassismus und einer neuen Heimat in der Fremde.

Im Gespräch mit Salwa Houmsi thematisieren Gäste wie Hatice Alkan, Haeng-Ja Fischer und Edris Bahrami die Gründe, weshalb sie nach Deutschland einwanderten. Aspekte wie Selbstbestimmung, bessere Berufsaussichten und Sicherheit haben hier eine Rolle gespielt.
Während Comedian Özcan Cosar von Alltagsrassismus und Problemen bei der Wohnungssuche berichtet, erinnert die Restaurantbesitzerin Huong Trute, wie die Politik die vietnamesischen DDR-Vertragsmitarbeiter:innen nach der Wende einfach vergessen habe. Musiker Ata Canani erzählt, mit welch dramatisch schlechten Arbeitsbedingungen Migrant:innen bis weit in die 1980er zu kämpfen hatten. Salwa Houmsi diskutiert darüber hinaus unter anderem mit der Politikerin Aminata Touré, der Musikerin Queen Lizzy und der Migrationsforscherin Naika Forutan.

Noch bis zum 02.12.2023 in der ARD Mediathek verfügbar.

Aminata Touré Doku-Serie #unterAlmans
Aminata Touré © Yasemin Ergin
Huong Trute Doku-Serie #unterAlmans
Huong Trute © Kristin Siebert

Podcast „Unter Almans – Migrantische Geschichte(n)“

Fest steht: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Der COSMO-Podcast geht der Frage nach, ob Deutschland auch Einwanderungsland kann und lässt hierzu weitere Gäste zu Wort kommen.

Fünf Episoden à 45-60 Minuten in deutscher Sprache

Musikerin Joy Denalane und Salwa Houmsi unterhalten sich über Joys Kindheit in Berlin. Wie war es als BPoC (Black and People of Color) in Kreuzberg aufzuwachsen und welche rassistischen Erfahrungen haben sie in der Schulzeit gemacht? Sie kommen auch auf das Thema Apartheid zu sprechen, das Joy und ihre Familie schon früh prägte. Comedienne und Entertainerin Parshad Esmaeili erzählt der Podcasterin, wie der rassistische Anschlag in Hanau 2020 ihr Leben verändert hat und warum „Anti-Rassismus“ als Schulfach gelehrt werden sollte. Gianni Jovanovic spricht mit Salwa Houmsi über die zahlreichen Diskriminierungs- und Rassismus-Erfahrungen, die seine Biografie als Sohn einer Roma-Familie geprägt haben. Sie thematisieren auch den Begriff „Heimat“, den Gianni unter anderem deshalb problematisch findet, weil damit die NS-Geschichte Deutschlands verknüpft sei. Vanessa Vu und Minh Thu Tran berichten über das Aufwachsen als Vietdeutsche. Sie diskutieren unter anderem darüber, was es heißt Deutsch zu sein. Comedian Özcan Cosar äußert sich zu Ablehnung, Ausgrenzung und Anfeindungen. Er erzählt, was ihm Halt und Hoffnung gegeben hat und wie er vor seiner Comedy-Karriere ein Ventil im Breakdance und Hip-Hop gefunden hat.