Vor fast einem Jahr beendete die Sea-Watch 3 ihre Odyssee der Rettungsmission von Flüchtlingen, als sie im Hafen von Lampedusa anlegt. Die NDR-Journalisten Nadia Kailouli und Jonas Schreijäg waren an Bord und fügten ihre exklusiven Aufnahmen der Geschehnisse zu einem einmaligen Dokumentarfilm zusammen, der am 18.5.2020, 22:25 Uhr, auf 3sat zu sehen ist.
Aus investigativem Journalismus wird Dokumentarfilm
Investigative Recherchen begleiten schon lange die Produktionen von Dokumentarfilmen. Sie sind die Basis, um Unentdecktes aufzudecken, um Unausgesprochenes zum Thema zu machen. Nadia Kailouli und Jonas Schreijäg sind, wie es der Zufall will, zur rechten Zeit am rechten Ort. Wo später spekulative Medienberichte die Sichtweisen teilweise verfälschen, liefern die beiden mit ihrem Dokumentarfilm faktenbasierte und wirklichkeitsgetreue Aufnahmen, die aus der Sicht der Crew an Board dokumentieren.
Weiterlesen: Auch bei unserem Branchentreff Dokville spielte investigative Recherche immer wieder eine Rolle. Im Gespräch darüber waren wir unter anderem mit Valentin Thurn (2015) zum Kampagnenfilm “10 Millarden”, mit Arne Birkenstock und seinem Film “Das Kongo Tribunal” (2016) oder mit Katrin Rothe während des Panels “Journalistisch Arbeiten – Künstlerisch Erzählen” über ihren Dokumentarfilm “1917 – der wahre Oktober” (2017).
Sea-Watch 3 – Hintergrund der Odyssee
Carola Rackete ist die Kapitänin des Schiffes “Sea-Watch 3”. Gemeinsam mit ihrer Crew aus Freiwilligen rettet sie vor einem Jahr 53 Menschen aus einem Schlauchboot. Drei Wochen verharren sie schließlich auf offenem Meer, da keiner der angrenzenden Staaten bereit war, das Schiff an einem Hafen anlegen zu lassen. Nach moralischen Abwägungen legt Rackete dennoch in Lampedusa an. Es folgen ihre Festnahme und lange Prozesse. Die NDR-Journalisten erleben diese Zeit mit. Sie filmen die Rettung, die sich verschlimmernde Situation auf dem Schiff, die Verzweiflung und Geschichten der Menschen und die scheiternden diplomatischen Gespräche mit den italienischen Behörden an Bord.
Film mit Aussagekraft wird zum Grimmepreis-Gewinner 2020
Mit ihrem Dokumentarfilm gewinnen die beiden Journalisten den Wettbewerb um den 56. Grimmepreis in der Kategorie “Information und Kultur”. Er “entfaltet das Geschehen chronologisch, verdichtet ausdrucksstark, hebt einzelne Personen hervor und vermeidet doch eines konsequent: die Geschichte der ‘Sea-Watch 3’-Rettungsmission, die auch für einen Steven-Spielberg-Heldinnenfilm taugen würde, zum dramatischen Egotrip zu erklären.”
Dabei bleibt der Film eng bei den Geschehnissen, ohne nur einzelne Personen in den Blick zu nehmen: “Sowohl die Psychologie der Migrant*innen als auch die der Crew, die Warterei, das Quälende, der Aufbruch und die Dramatik der Ankunft werden in einer fast thrillerartig verdichteten Intensität, in einer Tiefe und einem Farbenreichtum gezeigt, die ihresgleichen suchen”, heißt es in der Jurybegründung.
“Sea-Watch 3” ist eine Produktion des NDR – Eine Zusammenarbeit von STRG_F, Panorama und NDR Dokfilm. Buch, Regie und Kamera wurden geführt von Nadia Kailouli und Jonas Schreijäg.