Geschichtsdoku-Tipps für den Monat April 2023
Die Geschichtsdokus im April 2023 widmen sich einschneidenden Ereignissen der 1980er und 1940er Jahre: der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl 1986, den gefälschten Hitler-Tagebüchern und französischen Widerstandsgruppen im Zweiten Weltkrieg.
Info
Die Geschichtsdoku-Tipps stellen Fernsehproduktionen vor, die sich mit zentralen Ereignissen des 20. Jahrhunderts und der jüngsten Vergangenheit beschäftigen. Oft zeichnen sie sich durch den Einsatz von aufwändig recherchiertem und aufbereitetem Archivmaterial aus. Auf weitere Eingrenzungen verzichtet die Redaktion, um die Vielfalt des Formats zu spiegeln.
„Kunst aus dem Todeslager“
Manfred von Eijks bewegender Dokumentarfilm „Kunst aus dem Todeslager“ thematisiert die Herstellung von Kunstwerken durch Häftlinge in den Konzentrations- und Vernichtungslagern während der NS-Zeit. Dabei geht es zum einen um Arbeiten, die die Nationalsozialisten in Auftrag gegeben haben und zum anderen um eigenständig entstandene Werke.
So musste ein Gefangenenorchester jeden Sonntag für SS-Offiziere in Auschwitz spielen. Andere Zwangsarbeiter:innen haben in Buchenwald dekorative Schiffsmodelle für die Büros der Nazis gebaut. Doch wenn schon die Produktionsmittel zur Verfügung standen, haben die Gefangenen auch eigene, illegale Kunst erstellt. Von Eiijks Film versammelt zahlreiche Beispiele dieser offiziellen und inoffiziellen Kunstwerke und stellt sie in Archiven und an den Originalschauplätzen vor. Zu Wort kommen meist die Archivar:innen der jeweiligen Gedenkstätten, aber auch Nachfahren der Häftlinge. Sie geben einen Intensiven Einblick in den Trost und die Hoffnung, die Kunst angesichts des Grauens zu spenden vermag.
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Sendetermin: Montag, 17.04.2023, 23:35 Uhr auf Das Erste und vom 10.04.2023 bis 09.07.2023 in der ARD-Mediathek.
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Credits: „Kunst aus dem Todeslager“, ein Dokumentarfilm von Manfred von Eijk. Eine Koproduktion von Sarphati Media Producties mit ORF, CT, und MDR in Zusammenarbeit mit Arte.
„Der Hitler-Fake“
Im Februar 2023 hat der NDR mit seiner Veröffentlichung der von Konrad Kujau gefälschten (oder genauer: frei erfundenen) Hitler-Tagebücher sowie der begleitenden Berichterstattung für Aufsehen gesorgt. Nach 40 Jahren unter Verschluss kann man jetzt nachlesen, welche geschichtsrevisionistischen Hirngespinste die Redaktion des „Stern“ 1983 ins Magazin aufnehmen wollte. Es wird offensichtlich, dass den Urhebern der Tagebücher insbesondere an einer Verharmlosung des Diktators lag.
Der Geschichte, wie der „Stern“ an das Material gekommen ist, widmet der SWR eine dreiteilige Dokumentation, die im Ersten auch als 90-Minüter ausgestrahlt wird. Sie montiert Archivaufnahmen, Interviews mit Expert:innen und Zeitzeug:innen, Reenactments und Animationen zu einem dichten Bild der teilweise haarsträubenden Ereignisse. Dabei bilden ein ausführliches Interview mit dem damals verantwortlichen Stern-Redakteur Gerd Heidemann und seine Mitschnitte der Telefonate mit Kujau das Zentrum des Films. Unterlegt mit zahlreichen Popsongs der 1980er Jahre macht der Film die irritierende Euphorie Heidemanns und der Stern-Redaktion spürbar und wirft ein neues Licht auf eine vertraute Geschichte.
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Sendetermin: Montag, 24.04.2023, 22:50 Uhr, auf Das Erste (Erstausstrahlung) und vom 24.04.2023 bis 20.04.2025 In der ARD-Mediathek.
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Credits: „Der Hitler-Fake“, eine dreiteilige Dokumentation von Christian Bock. Eine Produktion von ECO Media im Auftrag von SWR, NDR und rbb.
„Tschernobyl – Die Katastrophe“
Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl am 26.04.1986 gilt immer noch als das schwerste Reaktorunglück der Geschichte. Sie markiert zudem einen Wendepunkt in der bundesdeutschen Atompolitik: Bemühungen im Strahlenschutz wurden intensiviert und die staatliche Atomaufsicht zentralisiert. Und obwohl es der Reaktorunfall im japanischen Fukushima gewesen ist, der den deutschen Atomausstieg besiegelt hat, ist Tschernobyl immer noch ein Synonym für die Risiken der Atomenergie. Mit dem Bau des Kraftwerks, der Katastrophe selbst, aber auch den umfangreichen Nachwirkungen, beschäftigt sich die Dokuserie „Tschernobyl – Die Katastrophe“ die im April auf ZDFinfo ihre Premiere feiert.
Tschernobyl war als größtes Kernkraftwerk der Welt angelegt. Es entstand nördlich von Kyiv und wurde zusammen mit der nahegelegenen Arbeiterstadt Prypjat gebaut. Ein Vorhaben gigantischer Größe, das die ZDF-Doku gekonnt zu inszenieren weiß. Vielfältiges Archivmaterial, aufwändige Animationen der Vorgänge im AKW und zahlreiche Interviews mit Expert:innen und Zeitzeug:innen (teilweise in Prypjat aufgenommen) beleuchten die Ereignisse umfangreich. Der Off-Kommentar hält die einzelnen Perspektiven zusammen und erläutert die Ereignisse detailliert. Insbesondere durch den Musikeinsatz gewinnen die vier Episoden eine emotionale Tiefe, die die menschliche Seite der trockenen Fakten zeigt.
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Sendetermin: Dienstag, 25.04.2023, 20:15 Uhr bei ZDFinfo (Erstausstrahlung) und vom 14.04.2023 bis 01.05.2024 in der ZDF-Mediathek.
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Credits: „Tschernobyl – Die Katastrophe“, eine vierteilige Dokuserie von Dirk Schneider und Ariane Riecker. Eine Produktion von LOOKS Film und MMD Pro für das ZDF.
„Widerstand – Die Résistance“
Noch vor Unterzeichnung des Waffenstillstands von Compiègne, am 22.06.1940, der den Westfeldzug der Wehrmacht beenden sollte, wurden die Franzosen zum Widerstand aufgerufen. In seinem Apell vom 18.06.1940 forderte General Charles de Gaulle seine Landsleute aus dem Londoner Exil heraus dazu auf, auch nach der Niederlage gegen die deutschen Besatzer zu kämpfen. Kurze Zeit später wurde das Land geteilt, in einen von Deutschland besetzten Norden und den Süden, der vom Vichy-Regime regiert worden ist, das mit Deutschland kollaborierte. Hier entstanden die ersten Widerstandsbewegungen, die sich nach und nach zum „Comité Français de la Libération Nationale“ unter Jean Molin zusammenschlossen.
Sabotage, Fluchthilfe und Untergrundzeitungen waren die Waffen, mit denen die verschiedenen Résistance-Gruppen gegen die Besatzer und ihre Kollaborateure vorgingen. Patrick Rotmans vierteilige Dokuserie zeichnet die Entstehung des Widerstands und seine Aktionen detailliert nach. Ein Off-Kommentar und Grafiken ordnen die Ereignisse ein, während Zitate von über zwei Dutzend Widerstandskämpfer:innen und Archivaufnahmen ein Authentisches Bild der Zeit vermitteln. Wo kein passendes Material zur Verfügung stand, werden Animationen eingesetzt. So gibt Rotman einen tiefen, sorgfältig recherchierten Einblick in das Schicksal von Menschen, deren Mut noch heute beeindruckt.
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Sendetermin: Dienstag, 25.04.2023, vier Teile ab 22:40 Uhr auf Arte (Erstausstrahlung) und vom 18.04.2023 bis 23.06.2023 in der Arte-Mediathek.
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Credits: „Widerstand – Die Résistance“, eine vierteilige Dokuserie von Patrick Rotman. Eine Koproduktion von Kuiv und Arte France unter Beteiligung von Toute l’HistoireTV5 Monde.