Beyond Documentary: Feminismus, Aktivismus und Vögel

Im September warten interessante Podcasts darauf angehört zu werden. Mit dabei sind Gespräche zu Dokumentarfilmen, die sich mit feministischen und aktivistischen Themen befassen und Hintergründe zu einer familiären Spurensuche genauer betrachten.

1. Dokumentarfilm „Feminism WTF“ (2023) von Katharina Mückstein

Im Dokumentarfilm „Feminism WTF“ (What the Fuck) diskutieren Expert:innen aus Politik- und Sozialwissenschaften, Gender-, Queer- und Trans-Studies die vielen Perspektiven, die im Begriff „Feminismus“ zusammengefasst werden. Wieso oft nur von zwei Geschlechtern gesprochen wird, warum Kapitalismus und Feminismus sich gegenseitig ausschließen und was europäischer Kolonialismus mit den aktuellen Vorstellungen und Ideen von sexueller Freiheit und rassistischen Klischees zu tun hat, erfahren Zuschauer:innen in Katharina Mücksteins Film. Tanzchoreografien und ein farblich abgestimmtes Set sorgen nicht nur für ein facettenreiches Seherlebnis, sondern lockern auch die komplexe Thematik auf.

„Feminism WTF“ lief im März 2023 beim Kopenhagener Dokumentarfilmfestival CPH:DOX und startet am 7. September 2023 in deutschen Kinos.

Der Kinobesuch lohnt sich!

Podcast „Feminist Perspectives“

„Feminist Perspectives“ ist ein Podcast zum feministischen Diskurs in Sachen Film. Die Moderation übernehmen FLINTA* Personen aus „dieRegisseur:innen “ und der „Association of solidary filmmakers“ sowie „FC Gloria – Frauen* Vernetzung Film “

Folge „Feminism WTF und intersektionale Perspektiven“ 
1h 52min Episode in deutscher und englischer Sprache

Die Folge diskutiert wie eine feministische Praxis aussehen kann und welche Erzählungen, Perspektiven und Erfahrungen in der Filmlandschaft fehlen. Filmemacherin Weina Zhao führt das Gespräch im Rahmen des „Diagonal“ Festivals des österreichischen Films mit Regisseurin Katharina Mückstein und Protagonist*innen aus ihrem Film: Maisha Auma, Denice Bourbon und Faris Cuchi Gezahegn.

Maisha Auma offenbart den Zuhörer:innen, wieso sie sich „freier“ gefühlt hat, nachdem sie „Feminism WTF“ angeschaut hat und warum Mücksteins Film es schaffe, marginalisierte Körper sichtbar zu machen und Dominanzstrukturen aktiv zu bearbeiten. Die Gruppe diskutiert auch, warum Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung im Film nicht zu sehen sind. Welche Herausforderungen gibt es, derartig komplexe Themen in 90 Minuten Film darzustellen? Mückstein berichtet außerdem davon, warum der Vorwurf, ein „White Girl Project“ zu machen, dazu führte, ihre eigenen Privilegien zu hinterfragen.

Filmplakat Feminism WTF

  • *Erklärung von FLINTA* Personen: „FLINTA*“ ist ein Akronym für: Frauen, Lesben, Inter Menschen, Nichtbinäre Menschen, Trans Menschen und Agender Menschen. Der Asterisk* steht für alle nicht-binären Geschlechtsidentitäten. Gemeint sind diejenigen, die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität patriarchal diskriminiert werden. Häufig wird der Begriff FLINTA* gebraucht, um zu verdeutlichen, wer in bestimmten Räumen und bei bestimmten Veranstaltungen willkommen ist. Oftmals wird auch FLINTAQ geschrieben. Das Q steht dabei für Queere Personen. Mehr Infos gibt es auf der Webseite des Queer Lexikons.

2. „Sara Mardini – Gegen den Strom“ (2023) von Charly W. Feldmann

Sara Mardini war in ihrem Heimatland Syrien Profi-Schwimmerin. 2015 flieht sie gemeinsam mit ihrer Schwester Yusra aufgrund des Krieges. Auf ihrer Flucht bewahren sie 18 Menschen vor dem Ertrinken. Später engagiert sich Mardini als Rettungsschwimmerin. Bei einer Rettungsaktion vor Lesbos wird sie jedoch verhaftet. Der Vorwurf lautet: Menschenhandel. Ihre Schwester Yusra schwimmt bei den Olympischen Spielen, während Sara auf ihren Prozess wartet.

Produzentin Antje Boehmert war 2021 und 2023 zu Gast bei DOKVILLE, dem Branchentreff vom Haus des Dokumentarfilms. 2021 stellte sie das Projekt „Sara Mardini – Gegen den Strom“ (damals noch unter dem Titel „Die Freischwimmerin“) vor. 2023 sprach Boehmert mit Kolleginnen im Produzentinnen-Panel.

„Sara Mardini – Gegen den Strom“ ist noch bis zum18.06.2024 in der Arte Mediathek verfügbar.


Filmplakat Sara Mardini - Gegen den Strom

Studioeins von radioeins rbb

In der Sendung radioeins sprechen Moderator:innen mit Gästen aus aller Welt über Musik, Kunst und Kultur. Musiker:innen, Literat:innen, Schauspieler:innen und Regisseur:innen sprechen über ihre aktuellsten Projekte und Werke.

„Sara Mardini ‚Gegen den Strom‘“
47-minütige Folge in deutscher und englischer Sprache

Im Radioeins rbb Podcast sind Protagonistin Sara Mardini und Produzentin Antje Boehmert zu Gast. Sara Mardini wurde über vier Jahre von der Regisseurin Charly W. Feldman mit der Kamera begleitet. Eine Zeit, in der sie auf ihr Verfahren wartete. Mardini erklärt, wie sie Teil von Feldmanns Langzeitprojekt wurde und wie schwierig diese Zeit für sie war. Antje Boehmert betont die Stärken des Films: Eine der Hauptmotivationen von „Sara Mardini – Gegen den Strom“ bestehe darin zu zeigen, welche unfassbaren Dinge Aktivsit:innen und Helfer:innen oft durchmachen müssen. Zugleich mache der Film Hoffnung, dass man Schlimmes erleben kann und dennoch kein Opfer sein muss.

3. Dokumentarfilm „Die toten Vögel sind oben“ (2022) von Sönje Storm

Regisseurin Sönje Storm begibt sich in ihrem Dokumentarfilm auf die Spuren ihres Urgroßvaters Jürgen Friedrich Mahrt. In den 1920er-Jahren eröffnete er ein kleines Naturkundemuseum, in dem er seine Sammlung von 350 ausgestopften Vögeln, 3000 Schmetterlingen, Pilzen und Käfern ausstellte. Dabei zeigte er, wie weit der Artenrückgang bereits fortgeschritten ist. Storm fragt in ihrem Film: Wer war Jürgen Friedrich Mahrt und was hat ihn angetrieben? Der Film dokumentiert unaufgeregt die spezielle Beziehung des Urgroßvaters zur Natur.

„Die toten Vögel sind oben“ gewann die Goldene Taube im Deutschen Wettbewerb bei DOK Leipzig 2022. Am 31.8.2023 startet „Die Toten Vögel sind Oben“ im Kino. Hier geht’s zum Nachbericht vom Haus des Dokumentarfilms.

Der Kinobesuch lohnt sich!

Podcast „MDR Kultur Kino, Film und Serien“ 

MDR Kultur bespricht Hintergründe, Kritiken und Empfehlungen zu aktuellen Filmen und Serien, zu deren Schauspieler:innen, zu Filmschaffenden und zu Kinos im Raum Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Regisseurin über „Die toten Vögel sind oben“
7-minütige Episode in deutscher Sprache

Sönje Storm spricht im Podcast über ihren eigensinnigen Urgroßvater. Er wehrte sich stets gegen das, was ihm in die Wiege gelegt wurde: Nämlich ein Bauer zu sein. Statt seinen Hof zu pflegen, kolorierte er lieber Fotos und erstellte eine riesige Sammlung von Pflanzen- und Tierpräparaten. Urenkelin Sönje Storm sieht ihren Urgroßvater als einen beobachtenden Chronisten, der auch Fotos von der Landbevölkerung aufnahm. 1940 verstarb Jürgen Friedrich Mahrt. Welche Rolle spielte die Nazizeit in seinem Leben?

Filmplakat „Die toten Voegel sind oebn