Die vom Haus für Film und Medien (HFM) veranstaltete Reihe „HFM x Arthaus“ geht ab dem 13.9.23 in eine neue Runde. Das Programm „Künstler*innen I Film I Dialog“ zeigt u. a. Dokumentarfilme über Warhol und Kippenberger im Atelier am Bollwerk Stuttgart. Im Zeitraum September 2023 bis Juli 2024 erwartet das Publikum jeden zweiten Mittwoch ein Programm aus Spiel-, Dokumentar- und Animationsfilmen. Mit „Baby, I will make you sweat“ wird zudem ein Experimentalfilm der im Februar 2023 verstorbenen Birgit Hein auf die Leinwand geholt.
Über die Reihe „HFM x Arthaus – Künstler*innen I Film I Dialog“
Künstler:innen sind faszinierend. Umweht vom Geniestatus geben ihre Lebensläufe Anlass zu Spekulationen. Gleichzeitig reizt es viele Filmschaffende, Kunstwerken ein filmisches Denkmal setzten. Besonders der künstlerische Schaffensprozess fordert immer neue Arten der Darstellung: Wie verfilmt man den Moment, indem eine große Idee entsteht?
Film als Bildkunst: Alfred Erhardt
Zur Auftaktveranstaltung (13.9.2023, 20 Uhr, Atelier am Bollwerk Stuttgart) präsentiert der Hamburger Filmhistoriker Thomas Tode die Retrospektive „Blicke auf Kunst: Klassiker und Moderne“ mit fünf abstrakten Kurzfilmen von Alfred Erhardt, darunter „Ernst Barlach I – Der Kämpfer“ (1948) und „Ernst Barlach II – Der Überwinder“ (1948). Erhardt wurde vom Bauhaus beeinflusst und gilt gleichzeitig als einer der bedeutendsten Fotografen der Neuen Sachlichkeit.
Provokant: Valie Export und Jenny Holzer
Claudia Müller ist bekannt für ihre vielschichtigen Künstler:innenporträts, die sie fürs Fernsehen und das Kino realisiert. Für „Jelinek – Die Sprache von der Leine lassen“ wurde sie 2023 mit dem Deutschen und dem Österreichischen Filmpreis, Kategorie Bester Dokumentarfilm, ausgezeichnet.
In Stuttgart sind ihre mittellangen Dokus „Valie Export – Ikone und Rebellin“ (2015) und „About Jenny Holzer“ (2009) zu sehen. Darin nähert sich Müller zwei Kultfiguren des 20. Jahrhunderts. Die österreichische Performancekünstlerin Valie Export schuf mit schockierenden öffentlichen Aktionen wie der „Aktionshose Genitalpanik“ Bilder, die sich ins allgemeine visuelle Gedächtnis eingebrannt haben. Die in den USA wirkende Jenny Holzer verwirrte mit Aphorismen wie „Geld bildet den Geschmack“ auf LED-Laufbändern ihr Publikum. Die Regisseurin begleitete sie zehn Jahre lang auf ihrem Weg zu einer der einflussreichsten Künstlerinnen der Gegenwart.
Gemeinsam mit der Ko-Direktorin des Stuttgarter Kunstvereins, Iris Dressler, ist Claudia Müller am 13. Dezember 2023 für ein Filmgespräch vor Ort.
Woher stammt Andy Warhol?
Dieser Frage geht der komödiantische Dokumentarfilm „Absolut Warhola“ (2001) von Stanislaw Mucha nach. Der Pop-Art-Künstler hat viele nähere und entferntere Verwandte in der Slowakei. Der Stolz der Einheimischen auf den berühmten Spross streift die Grenze zur Vereinnahmung. Es gibt ein entsprechendes Museum und viele Geschichten aus dem Nähkästchen. Zwischendurch wird Musik gemacht und hochprozentig mit dem Filmteam angestoßen.
Neben dem Regisseur ist der Galerist Horst Merkle als fachkundiger Gast ins Atelier am Bollwerk geladen.
Künstler in der Postmoderne
Bei „Kippenberger – der Film“ (2005) ist der Name Programm – er widmet sich dem Künstler Martin Kippenberger. Trotz seines frühen Todes schuf er ein umfangreiches Oeuvre. Dabei ließ er kaum eine künstlerische Disziplin aus. In Interviews mit Weggefährt:innen und seinem heimlichen Bewunderer Christoph Schlingensief entwirft Jörg Kobel das Bild eines postmodernen Künstlers. Sein Lebensmotto: „Dieses Leben kann nicht die Ausrede für das nächste sein.“
Die Welt des Scherenschnitts
Lotte Reiniger ist bekannt für die Produktion des ersten abendfüllenden Animationsfilms, der je gedreht wurde. Mitglieder der Universität Tübingen haben ihre kleinteilige Arbeitsweise in einem Dokumentarfilm wiederbelebt. „Tanz der Schatten“ blendet von den Lebenserfahrungen der Künstlerin auf ihr Werk und enthält neu aufgefundenes Material, das Lotte Reiniger bei ihrer letzten Produktion in Kanada zeigt.
Im Anschluss wird der mittlerweile zum Klassiker avancierte Silhouetten-Trickfilm „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“ (1926) gezeigt. Lotte Reiniger schuf ihn aus 96.000 Einzelbildern. Zudem wird Filmemacherin und Inhaberin des Lehrstuhls für Audiovisuelle Medien in Tübingen, Susanne Marschall, gemeinsam mit Evamarie Blattner, stellvertretender Leitung des Stadtmuseums Tübingen, mit dem Publikum über Reinigers besondere Arbeitsweise sprechen.
Das weitere Programm
Die Spielfilme der Reihe „HFM x Arthaus – Künstler*innen I Film I Dialog“ nähern sich dem Leben weiterer berühmter internationaler Kunstschaffender wie Robert Mapplethorpe, Michelangelo Merisi da Caravaggio und Frida Kahlo an, letztere wird in dem Portrait „Frida“ (2002) von Star-Schauspielerin Salma Hayek verkörpert. Der Animationsfilm „Loving Vincent“ (2017) versetzt das Publikum in den Rausch der Farben, der der Erfahrungswelt des erst nach seinen Lebzeiten berühmt gewordenen Malers Vincent van Gogh nachempfunden ist.
Alle Termine und Gesprächsgäste sind auf der Internetseite des Hauses für Film und Medien Stuttgart nachzulesen. Die Vorführungen sind in ein umfangreiches Begleitprogramm eingebettet. Expert:innen aus unterschiedlichen kulturellen Bereichen regen zur Reflexion des Gesehenen an. Wunsch der Organisator:innen ist es, einen regen Austausch mit dem Publikum anzustoßen – Diskussionsbeteiligung ausdrücklich erwünscht. geben. Die Moderation übernimmt Kurator Goggo Gensch, den man auch von der Reihe DOK Premiere vom Haus des Dokumentarfilms kennt. Unterstützt wird „HFM x Arthaus“ von der Stadt Stuttgart.
Tickets und Reservierung unter https: www.arthaus-kino.de.