TV-Tipp 17.5.: Fakes in Pillenform

»Dies ist kein Dokumentarfilm« heißt es im Nachspann des fiktionalen Fernsehfilms »Gift«. Nach 90 Minuten sollte das eigentlich selbst der unbedarfteste Fernsehzuschauer bereits bemerkt haben. Da liegen immerhin schon eine indische Hochzeit, der Fernsehtod von Heiner Lauterbach und die Intrigen von Maria Furtwängler als falschspielende Medizinethikerin zurück. Aber der eigentliche Dokumentarfilm – also die Fakten – stehen dann erst an. Ab 21:45 sendet Das Erste nach »Gift« dann »Gefährliche Medikamente – gepanscht, gestreckt, gefälscht«. Ein neues gemischtes Doppel also zur besten Sendezeit.

Tagestipp:
Das Erste, 20:15 Uhr: Gift (Spielfilm)
Das Erste, 21:45 Uhr: Gefälschte Medikamente (Doku)

Absicherung gehört bei den Themenschwerpunkten aus Fiktion und Dokumentarfilm zum Geschäft der Produzenten – in diesem Fall diwafilm, die für die Degeto sowie mehrere ARD-Sender (BR, SWR und beim Dokumentarischen auch der NDR) beide Filme realisierte. Brisante Themen will Das Erste gerne auf die Mattscheibe bringen. Nach zuletzt einem Spiel-Doku-Doppel zu illegalen Waffengeschäfte ist es diesmal der Handel mit gefälschten Medikamenten – zusammengefasst als Themenschwerpunkt. Regisseur des »investigativen Films« ist ein inzwischen gut bekannter Journalist und Filmemacher: Daniel Harrich, der unter anderem die Spielfilm »Meister des Todes« und »Der blinde Fleck« inszenierte und eine Reihe von Dokumentation zum Waffenhandel verantwortete.

Dokumentarische Aufklärung für ein erhofftes Massenpublikum kommt im Ersten seit einigen Jahren bereits stets im Doppelpack daher. Das funktioniert gut und meistens so: Zuerst den Spielfilm senden und dann die Dokumentation hinterher – in der Hoffnung, dass die Zuschauer so vom Thema angesprochen wurden, dass sie nun auch gleich die Fakten in Reinform präsentiert haben wollen.

Im Falle von »Gift« gießt Daniel Harrich die umfangreichen Recherchen zu einem internationalen Medikamentenskandal in einer Vater-Tochter-Tragödie, die größtenteils in Indien spielt. Große Namen konnten gewonnen werden: neben Heiner Lauterbach und Maria Furtwängler unter anderem Martin Brambach, Francis-Fulton Smith und Julia Koschitz als ausgebremste Ermittlerin. Am gefährlichsten spielt Ulrich Matthes, der einen feinen, aber fiesen Anwalt und Unterhändler mimt, wie man es sich im illegalen Milliardenmarkt der Pharmabetrüger allzu gerne vorstellen mag.

Am dokumentarischen Nachklang wurde noch bis wenige Stunden vor der Ausstrahlung gearbeitet – so dass er nicht einmal Journalisten vorab gezeigt werden konnte. Daniel Harrich hat auch in diesem Film die Regie übenommen – wie auch in einem Radiofeature, das bereits vor ein paar Tagen gesendet wurde. So darf man vorab nur lesen, dass die Fakes im medizinischen Massenmarkt ein lukratives Geschäft sind – und eines, das eben nicht nur in Indien stattfindet. So wird unter anderem von deutschen Krebspatienten berichtet, die jahrelang wirkungslose Medizin gegen ihre Krankheit erhielten. Pillen, die als Fakes nicht leicht zu erkennen waren, aber dadurch, dass sie nicht wirkten erste ihre große, negative Wirkung entfalteten.