Rund zweieinhalb Jahren nach seinem Tod in Liberia kommt Michael Glawoggers Dokumentarfilm »Untitled« endlich in die Kinos. Der Film, den der österreichische Filmemacher (u.a. »Workingman’s Death«, »Whore’s Glory«) nicht mehr selbst beenden konnte, hatte auch schon Glawoggers Tod eine sehr ungewöhnliche Produktionsgeschichte. Unser Autor Kay Hoffmann erinnert sich.
Kinostart: 26. Oktober 2017
Michael Glawogger wollte einen Film ohne festes Drehbuch machen. Er wollte ein Jahr durch die Welt reisen und Eindrücke sammeln. Bei der vom Haus des Dokumentarfilms organisierten DOK Premiere im Jahre 2011 – damals stellte er »Whore’s Glory« vor – erzählte er mir von seinen Plänen. Er war unsicher, ob er dafür die benötigten zwei Millionen Euro zusammen bekommen würde, denn viele Förderer und Fernsehanstalten wollen heute Planungssicherheit. Diesen Bedingungen stand sein Projekt diamentral entgegen. Er verlangte von ihnen eine »carte blanche«.
Letztlich bekam er sie und begann Anfang Dezember 2013 mit seiner Reise rund um die Welt. Auf dem Dreh begleiteten ihn sein Kameramann Attila Boa und sein Tonmann Manuel Siebert. Ihr radikales Konzept: Nicht warten, sondern immer weiterfahren. Denn nur in der größtmöglichen Bewegung kommen die Geschichten auf einen zu.
Den Zufall umarmen – dieser Leitgedanke hatte eine tragische Konsequenz. Nach vier Monaten und 19 Tagen war die Reise zu Ende. Michael Glawogger starb am 22. April 2014 in Monrovia (Liberia) an einer Malaria-Infektion.
Schon während der Dreharbeiten begann seine Cutterin Monika Willi, sich mit dem Material auseinanderzusetzen, ein Konzept dafür zu entwickeln. Sie war es schließlich auch, die den Dokumentarfilm »Untitled« aus dem vorhandenen Material der ersten Monate zusammenstellte. Der Film sorgte schon bei vielen Festivals für Furore. Er ist sicherlich einer der Höhepunkte dieses Kinoherbstes und eine Hommage an Michael Glawogger, der immer sehr neugierig auf die Welt war und dem wir gerade deshalb fantastische Dokumentarfilme verdanken.