Der brasilianische Fotograf Sebastião Salgado sammelt mit seinen Fotografien unglaubliche, monumentale, stets schwarz-weiße Aufnahmen von Menschen. Er ist kein Reporter, sondern ein Fotograf im besten Sinne. Ein Lichtmaler. Der deutsche Filmemacher Wim Wenders hat ihn und seinen Arbeiten in »Das Salz der Erde« porträtiert. Ein Film, der auch deshalb so tief blickt, weil ein Sohn Salgados als Co-Regisseur mitarbeitete. Das Erste zeigt den 2015 für den Oscar nominierten Film bis zum 8. November 2015 in der Mediathek.
Zwei Fotografien, berichtet Wim Wenders gleich zu Beginn seines Dokumentarfilms »Das Salz der Erde« habe er vor langer Zeit bei einem Galeristen gekauft, ohne etwas über den Fotografen gewusst zu haben. Seither haben sich die Bilder und Wenders fast täglich in seinem Arbeitszimmer getroffen. Sie sind, kann man wohl sagen, zu Freunden geworden.
Das Salz der Erde (Das Erste Mediathek)
(Videos laut Sender abrufbar bis 8. November 2017)
Mit Sebastião Salgado, dem Fotografen dieser Aufnahmen (und vieler weiteren, die das visuelle und erzählerische Gerüst des Bildes bilden), Freund zu werden, ist nicht ganz so einfach. Er ist ein Beobachter, kein Darsteller; er »malt mit Licht«, wie Wenders es an einer Stelle poetisch formuliert, aber er ist nicht der große Bilderklärer. Man muss ihn entschlüsseln, herauslocken und sein Vertrauen gewinnen, um mehr von Salgado über sich und seine monumentalen Fotografien zu erfahren. Neben seiner empathischen, auf die eigene Erfahrung vertrauenden Beobachtungsgabe verlässt sich Wim Wenders hier auf die Schilderungen von Juliano Ribeiro. Der älteste Sohn Salgados ist Co-Regisseur, Chronist und Erzähler zugleich.
Dass der Sohn hier viel aus seiner Beziehung zum eigenen Vater einfließen lässt, verleiht Wenders Film eine ganz besondere Tiefe. Über die durchweg beeindruckenden Arbeiten des Fotografen hinweg ermöglicht die Vater-Sohn-Beziehung eine ganz einzigartige Sicht auf das Wesen Salgados. Es ist ein fast schon familiärer Blick, auf jeden Fall mit großer Wärme vorgetragen. Wie viel besser ist eine solche Nähe doch als ein Interview mit dem ein oder anderen Kunstexperten.
»Das Salz der Erde«, das dem Film seinen Namen gab, ist ein Sinnbild für die Menschen. Sie stehen ganz in Salgados Fokus. Oft schauen sie in dessen Fotos direkt in die Kamera – ein Blick, der deutlich macht, dass sie im Moment der Aufnahme auch aus ihrem Leben gerissen werden. Wenders verstärkt diese starke emotionale Wirkung, indem er Bilder oft in scheinbar endlosen Einstellungen stehen lässt. Dabei nutzt er noch eine besondere visuelle Raffinesse: Salgado erzählt frontal in die Kamera über seine Bilder und betrachtet sie zugleich. Wenders Linse sieht durch die Bilder hindurch auf den Mann, der diese Bilder eingesammelt hat. Eine Sammlung, die keine Trophäen zeigt, sondern Eindrücke, Bilder, Geheimnisse einer Welt, die man auch in Millionen Bildern nicht begreifen wird können. Aber versuchen kann man es allemal.
Der Film wurde vielfach preisgekrönt: Er wurde u.a. mit dem »César« für den besten Dokumentarfilm 2015 sowie 2014 auf dem Festival in Cannes mit dem Spezialpreis in der Sektion »Un Certain Regard« ausgezeichnet. 2015 war er für einen Oscar und für den Deutschen Dokumentarfilmpreis nominiert.