Zwei Workshops, eine Frage
Am Montag, 26.10.2020, fand auf dem DOK Leipzig im Rahmen des DOK Industry Programms das DOK Partner Event „AG DOK – Filmfestivals: Freund oder Feind?“ statt. Unterschiedliche Vertreter*innen aus der Dokumentarfilmbranche kamen in zwei Workshops zusammen, um über die zukünftige und gegenwärtige Rolle von Dokumentarfilmfestivals zu diskutieren. Sie sprachen auch über die Voraussetzungen von Filmfestivals für die erfolgreiche Auswertung von Kinodokumentarfilmen. Die digitale Leinwand, als diesjähriges Novum, hat die Diskussionen begleitet. Die Gespräche der geschlossenen Workshops führten Susanne Binninger (AG DOK) und Daniel Sponsel (Dok.fest München). Anschließend präsentierten sie die Ergebnisse der Öffentlichkeit via Zoom.
Festivalleitungen fordern Gespräche
Bereits in seinem Beitrag für unsere DOKhausinfo im Juni schildert Daniel Sponsel, dass Dokumentarfilmfestivals Neuerungen diskutieren müssen: „Seit immer mehr Anbieter auf dem Filmmarkt erfolgreich online unterwegs sind und unsere vertrauten Produktions- und Verwertungsketten aus den Angeln heben, ist uns bewusst, dass die Zukunft das Beschreiten neuer Wege fordert“. Christoph Terhechte (DOK Leipzig) betont ebenfalls in der kurzen Einführung der Workshop-Präsentation, wie wichtig der neue Austausch unter den Festivals aktuell sei: „Wir haben begriffen, dass wir alle in einem Boot sitzen.”
Die Rolle von Dokumentarfilmfestivals: klar definiert?
Dass Festivals für den Dokumentarfilm eine elementare Rolle einnehmen, darüber waren sich die Diskutierenden schnell einig, so Susanne Binninger: „Festivals sind nicht nur Scharnier, sie bringen die Branche sowie Filme und Publikum zusammen.“ Dennoch sollten alle Beteiligten, insbesondere die Festivals, sich dieser Rolle bewusst werden. Daniel Sponsel fügt hinzu: „Es braucht dringlich eine Erhebung, was Festivals faktisch leisten“. Denn nur so könne die Bedeutung von Festivals zur regulären Auswertung in Beziehung gesetzt werden.
Wertschätzung muss stattfinden
Fest steht: Filmfestivals sind in erster Linie auf Dokumentarfilme angewiesen. Klar seien Festivals wichtige Promotiontools, betont Binninger. Aber für die Zukunft sei die Präsentation von Filmen auf Festivals entscheidend. Filmemacher*innen seien oftmals nicht genug wertgeschätzt. Deshalb bedürfe es an reibungsloser Technik, intensiven Gesprächen mit Filmemachenden, Einbindung des Publikums und erfolgreicher Pressearbeit. Dabei sei Präsenz der Filmemacher*innen für beide Seiten gewinnbringend. Beispielsweise leben insbesondere Filmpremieren von Emotionen (bei Filmemacher*innen sowie Publikum), die Filmfestivals auf direktem Weg vermitteln.
Zielführend, fassen Binninger und Sponsel zusammen, müsse es bei allen Beteiligten um Kooperationen gehen und nicht um gegenseitige Ausbeutung. Kontrovers diskutiert wurde unter anderem über die Screening Fees – aktuell werden diese nicht von allen Festivals gezahlt –, den Premierenstatus und die Rolle von Märkten auf Festivals.
Die digitale Leinwand als „Add on“
Für die Zukunft werden digitale Formate von allen Workshop-Teilnehmer*innen als wichtige Ergänzung angesehen. „Alle waren sich einig, dass es kein Zurück gibt … man muss neu denken“, so Binninger. Selbstverständlich müsse einiges, wie Geoblocking oder die Limitierung der Tickets, noch diskutiert werden. Dennoch ermögliche die digitale Leinwand demokratischeren Zugang und höhere Verbreitung der Dokumentarfilme. Daniel Sponsel fügt hinzu, dass bereits positive Resonanz gezogen worden sei. Der digitale Weg gewährleiste Zeit und höhere Konzentration, sich den Filmen intensiv zu widmen.
Der Mitschnitt der Workshop-Präsentation kann ab sofort online auf Youtube nachgeschaut werden.
Teilgenommen an den Workshops haben verschiedene Branchenvertreter*innen:
Filmemacher*innen | Susanne Gluth (gluthfilm) und Hauke Wendler (Pier 53)
Produzent*innen | Ira Tondowski (Tondowski Film) und Erik Winker (CORSO Film)
Kinobetreiber*innen | Christian Pfeil und Petra Rockenfeller
Vertrieb | Elina Kewitz (New Docs) und Stefan Kloos (Rise and Shine World Sales)
Verleiher*innen | Holger Recktenwald (mindjazz pictures) und Joachim Kühn (RealFiction Filmverleih)
Filmförderung | Simone Baumann (German Films) und Kathrin Mersmann (FFHSH)