»Leben – Gebrauchsanleitung«
So viele da, die einem sagen, wo’s langgeht. Aber keiner, wie das Leben funktioniert. Jörg Adolph und Ralf Bücheler reisen in ihrem Dokumentarfilm »Leben – Gebrauchsanleitung« durch ein Deutschland, das nach nichts anderem strebt, als nach dem Optimum. Zigtausende Lehrer, Trainer, Coaches und Therapeuten wollen uns auf dem Weg vom Geburtskanal bis zur Bahre helfen. Sich selbst finden, verbessern, nach dem Besten streben. Der Film ist auf der Suche nach einem roten Faden im Dickicht der Anleitungen. Bis 22. Januar 2018 in der 3sat-Mediathek abrufbar.
»Man muss auch ein bisschen arbeiten im Leben.« Was sich wie ein Kalenderspruch anhört ist eine Textzeile aus »Leben – Gebrauchsanleitung«. Sie ragt, obwohl ganz nebenbei gesprochen, aus dem Bilderstrom und der Flut aus Sätzen hervor, die die beiden Filmemacher Jörg Adolph (u.a. »How To Make A Book with Steidl«) und Ralf Bücheler in ihrem jüngsten Dokumentarfilm auf den Zuschauer loslassen. Alles ist Arbeit in diesem Film. Schon die Geburt, die mit einer Puppe geübt werden soll. Natürlich das Lernen. Die Wut haben. Sich vorstellen. Bilder erkennen. Und so weiter, und so fort.
Leben – Gebrauchsanleitung (3sat-Mediathek)
(Video laut Sender abrufbar bis 22. Januar 2018)
Braucht das Leben eine Gebrauchsanleitung? Die Frage ist eigentlich falsch gestellt. Folgt man dem Erzählfluss dieses Filmes, der einen von einem Eindruck zum nächsten schwemmt, so müsste sie eher heißen: Gibt es ausser Gebrauchsanleitungen auch noch ein Leben?
Seminare, Untersuchungen, Lehrstunden, Anweisungen, Übungseinheiten. Die Optimierung unseres Körpers, des Geistes, unseres Alltags, ist das große Thema des in vielen, vielen kleinen Episoden erzählten Dokumentarfilms. Ausdrücklich beziehen sich die beiden auf Harun Farockis Film »Leben – BRD«. Vor gut einem Vierteljahrhundert schilderte der Dokumentarfilmer unkommentiert Übungs-, Therapie- und Spieleinheiten. Jörg Adolph und Ralf Bücheler haben ihre Beobachtungen unseres gecoachten Lebens vervielfacht. Signalworte und Analogien leiten uns wie an einer Perlenkette durch ein Panotikum aus Übungen, Proben, Fortbildungen und Simulationen. Es ist ein roter Faden, der am Ende bei der Bahre ankommen wird – ein Ziel, das wir sicher erreichen. Unklar bleibt, ob wir es zu vollsten Zufriedenheit dort ankommen und wer eigentlich den Maßstab festsetzen kann.
»Leben – Gebrauchsanleitung« ist ein mitreissender Film, der ganz ohne Kommentar auskommt und viel sagt über Optimierungswunsch und die Erwartungen, die an uns gestellt werden (und die wir selbst auch anlegen). Irgendwo auf der Strecke zum Optimimum wünscht man sich einen Ausgang auf eine Dachterrasse. Ein paar Minuten Luft holen vom Aufstreben. Auch dazu brauchen die meisten von uns eine Gebrauchsanleitung.