Wir stellen zum Abschluss der Berlinale 2018 die ausgezeichneten Dokumentarfilme vor. Über den »Kompass-Perspektive-Preis« konnte sich die Filmemacherin Veronika Kaserer freuen. Ihr Film »Überall wo wir sind« dokumentiert das Sterben eines Berliner Tanzlehrers. Die Jury diskutierte nach eigenen Angaben heftig und entschied sich am Ende für einen Film, der bewusst nicht auf Konsens setzt.
Berlinale 2018 · Der dokumentarische Rückblick
Berlinale 2018: Die Preisträger im Dokumentarfilm (3)
Berlinale 2018: Die Preisträger im Dokumentarfilm (2)
Berlinale 2018: Die Preisträger im Dokumentarfilm (1)
Berlinale 2018 dokumentarisch (5): 1968 und die Folgen, frühe Expeditionsfilme
Berlinale 2018 dokumentarisch (4): Geschlossene Gesellschaften, Kampf um Identität
Berlinale 2018 dokumentarisch (3): Von der Gegenwart der Vergangenheit
Berlinale 2018 dokumentarisch (2): Das Kino lügt, der Sport nicht
Berlinale 2018 dokumentarisch (1): Von Relevanz, Vielfalt, Experimenten
Veronika Kaserer erhielt bei der Berlinale 2018 den »Kompass-Perspektive-Preis« für den besten Film des Programms. Ausgezeichnet wurde ihr Dokumentarfilm »Überall wo wir sind«. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und wird in diesem Jahr zum zweiten Mal verliehen. Als Trophäe bekam die Regisseurin einen Kompass überreicht, der ihr symbolisch Orientierung geben und die Richtung weisen soll. Der Film war in der Sektion Perspektive Deutsches Kino zu sehen. Dort waren 14 Filme im Wettbewerb. Die Jury bestand aus den FilmemacherInnen Jules Herrmann, Sung-Hyung Cho und Sol Bondy.
In ihrer Begründung erklärte die Jury: »Der Preis geht an einen Film, der unsere Jury gespalten und die heftigsten Diskussionen ausgelöst hat. Aber wir wollten lieber eben diesen Film auszeichnen, als eine Kompromiss-Entscheidung zu treffen, denn wir glauben fest daran, dass Konsens-Filme nicht die Zukunft des deutschen Kinos sein sollten.« Weiter heißt es in der Begründung: »Veronika Kaserer hat einen Film über Trauer gemacht, auch um uns daran zu erinnern, wie lebenswert das Leben ist. Mit erstaunlicher Nähe, unkonventioneller Montage und vielen überraschenden Momenten erzählt sie von den letzten Wochen und Tagen des 29-jährigen Berliner Tanzlehrers Heiko Lekutat und vor allem von seiner wunderbaren, großherzigen Familie. Tut uns der Film weh, weil uns das Leiden der Familie so nahe geht, oder leiden wir, weil wir die große Nähe zu den Trauernden als Grenzüberschreitung unserer eigenen Wohlfühlposition empfinden? Die Montage springt kontinuierlich zwischen „vor dem Tod“ und „nach dem Tod“ hin und her. Darf man den Prozess des Sterbens so zerreißen, um auf einer abstrakten Ebene den mentalen und emotionalen Prozess des Trauerns nachzuempfinden? Dass ein Film heftige Emotionen und Diskussionen auslöst, ist eine Qualität. Wir gratulieren der Regisseurin, Produzentin und Kamerafrau Veronika Kaserer.«