Der amerikanische Musikjournalist James Bulger drehte 2012 einen Kinodokumentarfilm über den britischen Jazz- und Rock-Schlagzeuger Ginger Baker. Das Projekt mit dem damals 73 Jahre alten Musiker brachte dem Filmemacher eine gebrochene Nase ein, hatte als Ergebnis aber auch einen Film über einen der besten Musiker der letzten 50 Jahre. Arte zeigt »Hüte dich vor Ginger Baker« bis 22. März 2018 in der Mediathek. Und wir können diese Warnung nur weitergeben.
Ein Film über einen Rockmusiker, in dem Adolf Hitler auftaucht? In dem Bombenabwürfe vom Trommelwirbel eines Schlagzeugs begleitet werden? Ein Film, in dem der Protagonist die meiste Zeit auf einem Sessel mit ausgestreckten Beinen thront und immer dann, wenn die Fragen ein bisschen heikel werden (also so jede zweite) den Stinkefinger zeigt? Das kann kein normaler Dokumentarfilm sein.
Aber Ginger Baker ist ja auch kein normaler Musiker. Der mittlerweile auf sein 80. Lebensjahr zu rauschende Senior ist einer der wichtigsten Musiker der sechziger und siebziger Jahre gewesen. Immer ein rothaariges (“Ginger”) Adrenalinkraftwerk, für den das Schlagzeug erfunden zu sein schien. »Ein liebenswerter Schurke« ist noch die netteste Bezeichnung, die in James Bulgers Dokumentarfilm über Ginger Baker gesagt wird. Mal abgesehen davon, dass Johnny Rotten (Sex Pistols) enthüllt: »Ich liebe Ginger Baker.«
Hüte Dich vor Ginger Baker! (Arte-Mediathek)
(Video laut Sender abrufbar bis 22. März 2018)
Es ist nicht wirklich leicht, Ginger Baker zu lieben. Die meisten lieben und liebten seine Explosivität an den Drums, sein musikalisches Genie, sein Gefühl für den Rhythmus. Aber ein taktvoller Mensch war er nie und wird er auch im Alter nicht mehr werden. Sein Vater, der starb, als Ginger gerade viereinhalb Jahre alt wurde, hinterließ dem Sohn einen Brief, den er erst mit 14 öffnete. Darin stand: »Benütze Deine Fäuste. Sie sind deine besten Freunde.«
Das haben die Freunde, die Ginger Baker später im Leben traf, schmerzlich erfahren müssen. Jack Bruce zum Beispiel, der von Baker mit einem Messer bedroht wurde. Oder Eric Clapton, der immer wieder vor Baker aus den Bands wie The Cream flüchtete, aber seinen speziellen Freund nie los wurde.
James Bulgers Film über diesen Exzentriker ist eine laute Odyssee in die wilden Jahre des Rock’n’Roll. Natürlich mit allen Exzessen, die man sich so vorstellen kann. Aber er ist auch filmisch ein echtes Meisterwerk. Bildfolgen, Interviewsequenzen, Animationen und Archivmaterial werden in schneller Folge zu einem Datenstrom geschnitten, der von Ginger Bakers Musik und seinen explosiven Drumschlägen getrieben ist.