Nach langer schwerer Krankheit ist am Dienstag, den 31.8.2021, der Medienjournalist Fritz Wolf gestorben. Der Experte für Dokumentarfilm war unserem Haus eng verbunden und regelmäßiger Redner auf Veranstaltungen.
Studie zur Veränderung des Dokumentarischen
Bahnbrechend war 2003 seine Studie „Alles Doku – oder was? Über die Ausdifferenzierung des Dokumentarischen im Fernsehen“, die er für das Adolf-Grimme-Institut erstellte. Darin analysierte er umfassend die Programme und stellte eine zunehmende Formatisierung, Serialisierung und Fiktionalisierung des Dokumentarischen im Fernsehen fest. Für das „netzwerk recherche“ legte er 2011 die Studie „Wa(h)re Information – Interessant geht vor relevant“ vor.
Geringe Wertschätzung des Dokumentarischen
Im Auftrag der AG DOK und des Grimme-Instituts veröffentlichte er mit der Broschüre „Deutschland – Doku-Land“ 2019 eine weitere Untersuchung von dokumentarischen Sendeplätzen im Fernsehen. Fritz Wolf stellte dabei dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen ein schlechtes Zeugnis aus. „Viele Sendeplätze, immer mehr Formate – aber immer weniger künstlerische Handschrift“ formulierte er als Kernergebnis. Abendfüllende Dokumentarfilme würden überwiegend auf den Kulturkanälen arte und 3sat ausgestrahlt, im Hauptprogramm von ARD und ZDF kämen sie nur auf einen Programmanteil von ein bis zwei Prozent.
Kritische Stimme der Medienentwicklung
Der 1947 in Österreich geborene Fritz Wolf war ein Vollblutjournalist. Nach einer Ausbildung als Germanist und Dramaturg wurde er 1979 Kulturredakteur bei der Deutschen Volkszeitung. Mit „das medienbüro“ startete er 1993 seine Karriere als freier Journalist. Er war unangepasst und konnte provozieren. Er begleitete Film und Medien mit einem kritischen Blick, war gefragter Referent bei deutschen Medientreffen und aktiv als Dozent in der Journalistenausbildung, an Universitäten, bei Filmhochschulen und Sendern. Wolf war langjähriges Mitglied in der Jury des Grimme-Preises und Filmfestivals wie dem Dokumentarfilmpreis Baden-Württemberg (2003) und bei der Duisburger Filmwoche (2003-2005). Im Jahr 2000 wurde sein Engagement mit dem Bert-Donnepp-Preis für Medienpublizistik gewürdigt. Zwischen 2015 und 2018 betrieb er den Dokumentarfilmblog www.wolfsiehtfern.de. Regelmäßig lud er in seine Wohnung ein, um Dokumentarfilme mit Freunden und Freundinnen zu sehen und zu diskutieren.
Inhalte verlieren an Bedeutung
Mit wachsamem Auge und mahnenden Texten begleitete er die Veränderungen der Medienlandschaft seit den 1990er Jahren und konstatierte die zunehmende Kommerzialisierung und Verflachung von Inhalten. Die ständige Suche nach Sensationen, verstärkt durch das Internet, entsprach überhaupt nicht mehr den journalistischen Ansprüchen, die ihn geprägt haben. Symptomatisch die Stellungnahme auf seiner Homepage: „Der Unterschied zwischen journalistischem Gehalt und multimedialen Content markiert heute eine der wichtigen Schnittstellen im Journalismus. Man sollte den Unterschied kennen.“ Fritz Wolf kämpfte für diesen Unterschied. Eine kritische Stimme ist verstummt.
Weiterführende Informationen zu den genannten Studien:
„Alles Doku – oder was? Über die Ausdifferenzierung des Dokumentarischen im Fernsehen“