Vom 6. bis 12.11.23 präsentiert die 47. Duisburger Filmwoche Dokumentarfilme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. 3sat zeigt im zeitlichen Umfeld Filme vergangener Wettbewerbe, darunter „Für die Vielen – Die Arbeiterkammer Wien“ in deutscher TV-Erstausstrahlung.
Der Sender vergibt vor Ort außerdem zum 28. Mal den 3sat-Dokumentarfilmpreis für den besten deutschsprachigen Dokumentarfilm aus dem Festivalprogramm. Der Preis wird von den 3sat-Partnern ZDF, ORF, SRG und ARD gestiftet.
„Unrecht und Widerstand – Romani Rose und die Bürgerrechtsbewegung“
Montag, 6. November 2023, 22.25 Uhr
Dokumentarfilm (113 Min) · Deutschland 2022 · ZDF/3sat
Peter Nestlers Film erzählt anhand der Familiengeschichte von Romani Rose die leidvolle Geschichte deutscher Sinti und Roma. 13 Verwandte von Romani Rose wurden in Lagern der Nationalsozialisten umgebracht. Der „Porajmos“, der Genozid an der Minderheit, während des Nationalsozialismus, wurde erst 1982 offiziell anerkannt. Die Minderheit erfährt in Deutschland seit über 80 Jahren Verfolgung und massive Gewalt. Die von Romani Rose ins Leben gerufene Bürgerrechtsbewegung ist bestrebt, die Situation zu verbessern.
Die Idee zu „Unrecht und Widerstand“ lieferte Romani Rose selbst, der den Regisseur Peter Nestler bei einem Vortrag traf. Der Dokumentarfilmer beschäftigte sich zuvor schon mit der Thematik, u. a. in seinem Film „Zigeuner sein“ (1970). Nestler arbeitete mit seinen Kollegen rund drei Jahre an „Unrecht und Widerstand“. 2022 erhielt der Film bei der „Duisburger Filmwoche“ den 3sat-Dokumentarfilmpreis und wurde 2023 mit dem Grimme-Preis in der Kategorie „Information und Kultur“ ausgezeichnet.
Der Film ist bis zum 4.2.2024 in der 3sat Mediathek zu sehen.
„Bewegungen eines nahen Bergs“
Dienstag, 7. November 2023, 22.55 Uhr
Der Nigerianer Cliff handelt mit Gebrauchtwagen auf einem Industriegelände in der Nähe einer alten Erzmine in den steirischen Alpen. Cliffs zentraler Markt ist der Ersatzteilehandel mit seinem Heimatland. Auf Mikroökonomiebasis betreibt er den Wirtschaftsaustausch: Denn wie in afrikanischen Ländern üblich, werden auch in Nigeria technische Geräte – besonders Autos – nicht einfach weggeworfen, sondern so lange wie möglich repariert und brauchbar gemacht. Wiederverwertung ist nicht nur Thema des Films, sondern war auch eine Methode von Filmemacher Sebastian Brameshuber. Er integrierte 16-mm-Aufnahmen in den Film, die er bereits Jahre vor der Arbeit an „Bewegungen eines nahen Bergs“ gemacht hatte.
„Bewegungen eines nahen Bergs“ erhielt 2019 den 3sat-Dokumentarfilmpreis bei der Duisburger Filmwoche.
Der Film ist bis zum 22.12.2023 in der 3sat Mediathek zu sehen.
„Für die Vielen – Die Arbeiterkammer Wien“ (deutsche Erstausstrahlung)
Montag, 13. November 2023, 22.25 Uhr
Dokumentarfilm (120 Min) · Österreich 2021 · ORF
Wenn Angestellte mit ihren Arbeitgebern Schwierigkeiten haben, versucht die Arbeiterkammer Wien (AK) zu vermitteln und unterstützt die Hilfesuchenden in vielen Belangen – u. a. mit arbeitsrechtlicher Beratung. Oft sprechen die Angestellten der AK mehrere Sprachen, weil nicht alle Klient:innen die österreichische Sprache beherrschen. Regisseur Constantin Wulff porträtiert in FÜR DIE VIELEN eine Institution, die in ihrer Form weltweit einzigartig ist und fängt besondere Momente ein, darunter die Vorbereitungen für eine Werbekampagne anlässlich ihres 100-jährigen Bestehens.
„Für die Vielen – Die Arbeiterkammer Wien“ lief 2022 im Wettbewerb der Duisburger Filmwoche. Das Haus des Dokumentarfilms präsentierte den Film am 1. Mai 2023 als DOK Premiere im Atelier am Bollwerk in Stuttgart und im Caligari Kino in Ludwigsburg.
Der Film ist ab Ausstrahlung für drei Monate in der 3sat Mediathek verfügbar.
Mediatheken:
„Aşk, Mark ve Ölüm – Liebe, D-Mark und Tod“
(ARTE/ARD Mediathek oder am 20.11.23, 23:35 Uhr im Ersten)
Auch der Sender ARTE vergibt bei der Duisburger Filmwoche einen Preis. Im vergangenen Jahr erhielt Cem Kayas „Aşk, Mark ve Ölüm – Liebe, D-Mark und Tod“ eine lobende Erwähnung der Jury. Der Dokumentarfilm ist aktuell unter dem Titel „Songs of Gastarbeiter“ in der ARD Mediathek und bei Arte verfügbar (nächste lineare Ausstrahlung: 20.11.23, 23:35 Uhr, im Ersten). Cem Kaya erzählt ein Stück Migrations-Geschichte, indem er der Entwicklung der türkischen und teils auch kurdischen Musik- und Einwandererkultur in Deutschland über mehrere Generationen folgt – beginnend Anfang der 1960er Jahre.
Das Haus des Dokumentarfilms präsentierte „Aşk, Mark ve Ölüm – Liebe, D-Mark und Tod“ im Oktober 2022 als DOK Premiere.
„Von wegen ‚Schicksal‘“ von Helga Reidemeister
Die 48-jährige Irene Rakowitz lässt sich nach 20 Jahren Ehe von ihrem Mann scheiden. Sie ist es leid, sich ständig rechtfertigen zu müssen. Mit ihren beiden jüngeren Kindern bewohnt sei ein Hochhaus im Märkischen Viertel in Berlin. Regisseurin Helga Reidemeister zeigt in ihrem Film eine starke Frau, die sich von Alltagszwängen nicht vereinnahmen lassen will – im Westdeutschland der 70er Jahre, das das Bild der heilen Familie mit männlichem Versorger, sittsamer Hausfrau und braven Kindern propagiert, unüblich. Stattdessen möchte Helga ihren Bedürfnissen Raum geben und ihren Kindern ein Vorbild sein: Auch sie sollen den Mut haben, für bessere Lebensverhältnisse zu kämpfen.
„Von wegen ‚Schicksal‘“ lief 1979 bei der 3. Duisburger Filmwoche, wo er kontrovers diskutiert wurde, und erhielt im selben Jahr den Deutschen Filmpreis – das „Filmband in Gold“.
Im Rahmen der Duisburger Filmwoche werden Protokolle aus Diskussionen über neue Filme und Strömungen des Dokumentarischen angefertigt. Auf Protokult.de kann man das Protokoll zu „Von wegen ‚Schicksal‘“ nachlesen. Der Film befindet sich im Filmverleih der Deutschen Kinemathek, die ihn 2014 digitalisiert und restauriert hat.
Auf unserem Blog ist ein ausführlicher Artikel zum Film erschienen. Er ist aktuell online im DFFB-Archiv abrufbar.