Szene aus »Gutenberg – Genie und Geschäftsmann« © Seppia/Mischief Films/G. Misc

»Gutenberg – Genie und Geschäftsmann«

Heute, im Zeitalter der eBooks, haben wir bedrucktes Papier ja scheinbar überwunden. Doch wo wären wir gelandet und wann wären wir dort hin gekommen, hätte Johannes Gutenberg sein Leben nicht einer irren Idee verschrieben: den Buchdruck. Finanziell war seine Innovation ein Desaster, kulturell der Aufbruch in die Aufklärung und der Türöffner zur Moderne. Der Dokumentarfilm »Gutenberg – Genie und Geschäftsmann« von Marc Jampolsky erzählt das – zu sehen bis 13. November 2017 in der Arte-Mediathek.

Zu Beginn dieser knapp 90 Minuten langen Geschichtsdokumentation über Johannes Gutenberg wird alles infrage gestellt, was man über den vor rund 600 Jahren in Mainz Geborenen zu wissen glaubt. Denn man weiß in Wirklichkeit nicht viel über den »Mann des Jahrtausends«, der den Buchdruck erfunden haben soll. Schon das hat er nachweislich nicht, denn bereits Jahrzehnte vor seinen ersten Versuchen mit Bleibuchstaben wurde in Asien ein Buch hergestellt, das mit Druckplatten aus Holz angefertigt wurde.


Gutenberg – Genie und Geschäftsmann (ZDFinfo Mediathek)

(Videos laut Sender abrufbar bis 13. November 2017)

Doch der erfahrene Historien-Dokumentarfilmer Marc Jampolsky – der unter anderem für Arte den 3D-Dokumentarfilm »Die Kathedrale« realisierte – schafft es, aus dem Nichtwissen über Gutenberg eine vielschichtige Biografie und zugleich ein Wissenschafts- und Wirtschaftsdoku über den Erfindungsreichtum der frühen Renaissance zu gestalten.

Johannes Gutenberg war ganz offensichtlich in technischer Hinsicht ein Genie – den anderen Namen, dem man ihn im Untertitel gibt, erfüllt er nur leidlich. Geschäftsmann war Gutenberg wohl nur in dem Sinne, dass alle seine Bestrebungen, die letztlich dem Buchdruck den Weg ebneten, ein ökonomisches Eigeninteresse hatten. Doch der Unternehmergeist war in Gutenberg weit weniger stark ausgeprägt.

Szene aus »Gutenberg – Genie und Geschäftsmann« © Seppia/Mischief Films/G. Misc

Szene aus »Gutenberg – Genie und Geschäftsmann« © Seppia/Mischief Films/G. Misc

Viele seiner Weggefährten, die wohl eher Finanziers seiner Ideen waren, haben Gutenberg vor Gericht gebracht. Wegen geplatzter Geschäftsideen, wegen nicht liquidierter Kredite und wegen nicht gezahlter Zinsen für Darlehen. Gutenberg, das Genie, starb letztlich wohl verarmt. Aber aus den Gerichtsakten lassen sich immerhin heute noch Spuren ablesen von einem Mann, der viel in der Geschichte bewirkt hat, der aber selbst unsichtbar blieb.

Die Dokumentation entfaltet das Leben eines Tüftlers, der Neues wagte und daran finanziell scheiterte, aber die Aufklärung, die Reformation, das Bildungszeitalter erst ermöglichte. Regisseur Marc Jampolsky entblättert die Historie mit allen Methoden: Reenactments, Experteninterviews, Quellendarlegungen. Das geschieht unaufgeregt, aber zugleich auch immer spannend.

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Picture of Thomas Schneider
„Ich liebe Print, ich liebe Online, ich liebe es, das Beste zwischen beiden Welten zu vereinen“, sagte Thomas Schneider über seine Arbeit. Ab 2009 war er für das HDF im Bereich Redaktion sowie PR/Marketing tätig. 2019 verstarb Schneider überraschend und viel zu früh.
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