TV- und Mediatheken-Tipps: Berlinale-Edition
Fernsehen und Mediatheken bieten aktuell etliche Highlights vergangener Berlinale-Ausgaben, u. a. preisgekrönte Dokumentarfilme wie „Herr Bachmann und seine Klasse“ und „Myanmar Diaries“. Die Internationalen Filmfestspiele Berlin finden vom 16. bis 26.2.23 statt.
Ab dem 16. Februar 2023 steht die deutsche Hauptstadt wieder im Zeichen der Berlinale: Die 73. Internationalen Filmfestspiele Berlin begrüßen Filmschaffende, Journalist:innen, Gäste und Publikum aus aller Welt. Das sorgfältig kuratierte Programm enthält eine Vielzahl von Weltpremieren, darunter eine Reihe sehenswerter Dokumentarfilme wie „Superpower“ (Sean Penn/Aaron Kaufmann), „Sur L’Adamant“ (Nicolas Philibert) und „Sieben Winter in Teheran“ (Steffi Niederzoll)
zum Artikel → Ausblick auf die Berlinale 2023: Realität im Fokus
Im linearen TV-Programm und den Mediatheken gibt es anlässlich der 73. Berlinale sehenswerte Produktionen der vergangenen Festival-Ausgaben zu entdecken. Perfekt als Einstimmung oder Begleitprogramm!
„Myanmar Diaries “ (EA: 30.1.23, 23:35 Uhr, Arte + Mediathek)
2022 hat sich die Jury des vom RBB gestifteten Berlinale Dokumentarfilmpreis für einen politischen Film entschieden, der das Publikum aufrütteln will. „Myanmar Diaries“ macht auf die Situation in Myanmar nach dem Militärputsch 2021 aufmerksam. Neben Material von der Niederschlagung von Protesten und willkürlichen Verhaftungen zeigt das Werk des anonym bleibenden „Myanmar Film Collective“ den Alltag der für ihre Rechte und die Demokratie kämpfenden Bevölkerung. Ein politisch wichtiger und zugleich sehr erschütternder Film, der als Erstausstrahlung am 30. Januar auf Arte lief und noch bis zum 29.1.2024 in der Mediathek verfügbar ist.
zum Artikel → „Myanmar Diaries“ gewinnt Berlinale Dokumentarfilmpreis
online schauen → „Myanmar Diaries“ in der Arte Mediathek
https://youtu.be/9nQKf8WSpZw
„Wer wir waren“ (8.2.23, 23 Uhr, Arte + Mediathek)
Der mit dem Hessischen Film- und Kinopreis ausgezeichnete Dokumentarfilm „Wer wir waren“ von Marc Bauer feierte Weltpremiere auf der Berlinale 2021. „Zur Macht der Bilder gesellt sich die Macht des Wortes. Das dokumentarische Filmessay nimmt einen mit auf eine intensive zweistündige Reise – an viele Orte, aber vor allem in unterschiedliche Gedankenwelten“, schreibt Astrid Beyer vom Haus des Dokumentarfilms in ihrer Filmbesprechung. Sechs zeitgenössische Denker:innen und Wissenschaftler:innen reflektieren die Gegenwart und blicken in die Zukunft. „Nacheinander stellt Bauder seine Protagonist:innen vor: Sylvia Earle, Ozeanologin, Alexander Gerst , Astronaut, Dennis Snower, Ökonom, Matthieu Ricard, buddhistischer Mönch und Molekularbiologischer Ökonom, Felwine Saar, Soziologe und Philosoph, und Janina Loh, Philosophin. Sie alle verbindet eine tiefe Hingabe für ihre Arbeit, eine kindliche Freude am Erkunden, ein Hinterfragen den Jetzt-Zustands, ein Interesse daran sich auf das Gegenüber einzulassen und gemeinsam Lösungen zu finden“, so Beyer. Der Dokumentarfilm läuft am Mittwoch, 8. Februar 2023, um 23:00 Uhr auf Arte.
zum Artikel → Berlinale Special 2021: „Wer wir waren“ & „Courage“
online schauen → „Wer wir waren“ in der Arte Mediathek
https://youtu.be/k4F9cEG2SZQ
„Herr Bachmann und seine Klasse“ (EA: 11.2.23, 20.15 Uhr, 3sat + Mediathek)
Maria Speths „Herr Bachmann und seine Klasse“ ist eine echte Erfolgsgeschichte. Der Dokumentarfilm feierte Weltpremiere im Internationalen Wettbewerb der 71. Berlinale 2021. Er erhielt den Silbernen Bären (Preis der Jury) sowie den Publikumspreis. Außerdem wurde er u. a. mit dem Deutschen Filmpreis 2021 und dem Deutschen Dokumentarfilmpreis 2022 (ex aequo mit „Dear Future Children“) als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Der mehr als dreistündige Film zeigt in ruhigen Bildern das Engagement des namensgebenden Lehrers. Mit viel Einfühlungsvermögen geht Dieter Bachmann auf die Interessen, Stärken und Schwächen seiner Schüler:innen ein und versucht, die Klasse 6b in ihrer Entwicklung zu unterstützen. 3sat.de zeigt „Herr Bachmann und seine Klasse“ am Samstag, 11. Februar 2023, um 20.15 Uhr als Erstausstrahlung im Rahmen seiner Reihe „Arthouse Kino“.
zum Artikel → Dokumentarisches im Internationalen Berlinale-Wettbewerb
https://youtu.be/FC05zFeOjJo
„Eine deutsche Partei“ (online first ab 17.2.23, EA: 29.3.23, 20.15 Uhr, 3sat)
Simon Brückner drehte für seinen Dokumentarfilm „Eine deutsche Partei“ mehrere Jahre lang im inneren Kreis der AfD. Die Aufnahmen fanden offen und mit Zustimmung der beteiligten Personen statt; es gab aber kein Mitspracherecht seitens der AfD, was die verwendeten Szenen und den Schnitt betrifft. Das Geschehen wird von Brückner nicht kommentiert oder durch Interviews mit Expert:innen kontextualisiert, was nicht unumstritten ist. Aber auch ohne diese Einordnung wird schnell klar, wie es um die rechtsgerichtete Partei bestellt ist. Der Film wird für die AfD-Politiker:innen zu einer unbequemen Bestandsaufnahme. Er zeigt, wie gespalten die Partei ist und welche konträren Meinungen für interne Diskussionen sorgen. „Eine deutsche Partei” ist Simon Brückners dritter langer Dokumentarfilm nach „Aus dem Abseits“ und „Schöne blonde Augen“. Er lief im Berlinale Special 2022 und kommt ab dem 17. Februar 2023 online first in die Mediathek. Die Erstausstrahlung ist am 29. März 2023, 20.15 Uhr, auf 3sat.
zum Artikel → Berlinale 2022: „Eine deutsche Partei“
online schauen → „Eine deutsche Partei“ in der 3sat Mediathek
https://youtu.be/buFbIY5KsAA
„Swimmingpool am Golan“ (ARD Mediathek bis 6.2.23)
Nur noch wenige Tage ist „Swimmingpool am Golan“ von Esther Zimmering in der ARD Mediathek zu finden. Die Schauspielerin und Dokumentarfilmerin machte sich in Berlin und Israel auf familiäre Spurensuche. Ein Teil ihrer jüdischen Verwandtschaft kehrte nach dem Zweiten Weltkrieg zurück nach Ostdeutschland, die andere Hälfte schloss sich einer Kibbuz-Bewegung an. Welche Ideale haben sie damals bewegt und wie schreibt sich die Geschichte heute fort? Der Film wurde beim Filmfestival Max-Ophüls Preis 2018 uraufgeführt; Komponist Matija Strnisa war bei Berlinale Talents 2018.
online schauen → „Swimmingpool am Golan“ in der ARD Mediathek
https://youtu.be/rKqtXP2AbGg
„Blinden Schrittes“ (ZDF Mediathek bis 22.2.23)
Dokumentarfilmer Christophe Cognet zeigt Fotografien aus Konzentrationslagern, die von Gefangenen heimlich und unter Lebensgefahr aufgenommen wurden. Sie zeigen Alltagsszenen des Holocaust aus einer verstörenden Innenperspektive heraus. Cognet folgt den „Lichtspuren“ und versucht die Aufnahmeposition der damals fotografierenden KZ-Gefangenen zu erschließen. Die Bilder wurden fast durchweg ohne Blick durch den Sucher aus versteckter Position gemacht – und sie sind historische bedeutende Belegstücke des Grauens. Parallel zur Weltpremiere 2021 in der Berlinale-Sektion Forum erschien das Buch „Eclats“ von Christophe Cognet auf Deutsch.
zum Artikel → Geschichtsdoku-Tipps für den Monat Januar 2023
„Oeconomia“ (3sat Mediathek bis 17.1.24)
Nach „Work Hard, Play Hard“ (2011) beleuchtet Carmen Losmann einmal mehr kritisch das kapitalistische Wirtschaftssystem und versucht Strukturen offen zu legen, über die Insider des Banken- und Finanzsektors lieber den Mantel des Schweigens ausbreiten würden. „Dabei enthüllt sie radikal Fehlentwicklungen“, schreibt Kay Hoffmann vom Haus des Dokumentarfilms in seiner Filmkritik, und „zeichnet ein ernüchterndes Bild der Finanzwelt“. „Oeconomia“ feierte auf der Berlinale 2020 in der Kategorie Forum Premiere.
zum Artikel → 70. Berlinale. Welten in Schwarzweiß
online schauen → „Oeconomia“ in der 3sat Mediathek
https://youtu.be/3WXqRQmGBx4
„Stürmisches Land – Tempestad“ (Arte Mediathek bis 14.9.23)
Korruption. Willkür. Angst. Gewalt. Anhand zweier Frauen-Schicksale erzählt die vielfach preisgekrönte Filmemacherin Tatiana Huezo von staatlicher Willkür in Mexiko. Eine Frau wird ohne Beweise wegen des Vorwurfs des Menschenhandels inhaftiert; eine andere hat ihre Tochter vor vielen Jahren durch eine Entführung verloren. Der Dokumentarfilm ist wie ein Roadmovie konzipiert und führt in düsteren, schweren, wolkenverhangenen Bildern von Matamoros bis Cancún. „Stürmisches Land – Tempestad“ ist nach „El lugar más pequeño“ Tatiana Huezos zweiter Langfilm und wurde 2016 auf der 66. Berlinale gezeigt.
Online schauen → „Stürmisches Land – Tempestad“ in der Arte Mediathek
https://youtu.be/EPxXzolGr6Q
„Mariupolis“ (Arte Mediathek bis 30.4.25) + „Mariupolis 2“ (Arte Mediathek bis 16.10.23)
Das in der Ost-Ukraine gelegene Mariupol wurde zu Beginn des Ukraine-Konflikts mit Russland 2014 von prorussischen Separatisten eingenommen und anschließend von ukrainischen Milizen zurückerobert. Der litauische Regisseur Mantas Kvedaravicius filmte 2015 in der umkämpften Stadt während eines Waffenstillstands. Entstanden ist das erschreckende Bild einer gemarterten Stadt, die im Zuge des russischen Angriffskriegs 2022 erneut zum Ziel wurde. Kvedaravicius kehrte für die Fortsetzung „Mariupolis 2“ in die Ukraine zurück und wurde in den Kriegswirren getötet. Der erste Film war 2016 auf der Berlinale zu sehen
Online schauen → „Mariupolis“ und „Mariupolis 2“ in der Arte Mediathek
https://youtu.be/srD-dbZ5AOw
„Last and First Men“ (Arte Mediathek bis 30.4.25)
Der isländische Komponist und Filmemacher Jóhann Jóhannsson (1969–2018) liefert mit „Last and First Men“ einen ungewöhnlichen, futuristisch anmutenden Film an der Grenze zwischen Science Fiction und Dokumentarfilm. Die von Kameramann Sturla Brandth Grøvlen („Der Rausch“) in Schwarz-Weiß gedrehte filmkünstlerische Arbeit wird von Schauspielerin Tilda Swinton erzählt. Sie lief 2020 bei der Berlinale.
Online schauen → „Last and First Men“ in der Arte Mediathek
https://youtu.be/nqDBlBKlbDA